Ein fast vergessenes Bildungsprojekt: Vor 86 Jahren wurde der MASCH-Verein gegründet

Hermann Duncker. Treskow-Allee Berlin.
Hermann Duncker, einer der wichtigsten Lehrer der MASCH. Treskow-Allee Berlin. Foto: Andreas Peglau ©

Vor 86 Jahren, am 15. Juli 1931, wurde der Verein "Marxistische Arbeiterschule" gegründet. Unter den Gründungsmitgliedern war auch Hermann Duncker, der die Schule zeitweise leitete. Der Psychologe Dr. Andreas Peglau aus Berlin beschäftigt sich seit längerem mit der Geschichte der MASCH und hat vor einiger Zeit einen Beitrag vorgelegt, den er für sein Buch "Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus." (Psychosozial-Verlag 2013) geschrieben hat.

"1925/26 von der KPD in Berlin initiiert, nahm mit der Gründung der MASCH ein in mancher Hinsicht wohl einmaliges, zu Unrecht fast vergessenes Bildungsprojekt seinen Anfang", schreibt Peglau. Ziel der MASCH sei es gewesen, Arbeitern und Arbeiterinnen Bildung zu vermitteln, angefangen von Grundkenntnissen und "aktuellpolitischer Anwendung des Marxismus" bis hinein in unterschiedlichste Wissensgebiete und alltagspraktische Fragen. Die MASCH entwickelte sich in Abgrenzung zu den »bürgerlichen und sozialistischen sogenannten ›Hochschulen‹« mit großem Erfolg zu einer Art "linker" Volksuniversität, an denen niemand, auch nicht parteilose oder aber zur "Bourgeoisie" gehörige TeilnehmerInnen, ausgeschlossen wurde.

Peglau wartet mit interessanten Zahlen auf: "Die Anzahl der Hörer stieg von 25 (1925) auf mehr als 5.000 (1931/32) pro Quartal, die Zahl der Dozenten auf 160. Manchmal kamen 700 Hörerinnen und Hörer zu einer einzigen Abendveranstaltung. Allein im Wintersemester 1929/30 fanden 613 Abendvorlesungen statt, 1932 gab es etwa 2.000 Kurse. Sowohl das technische Personal als auch die Lehrkräfte arbeiteten unentgeltlich." Und weiter: "Pro Unterrichtsstunde wurden zumeist 0,15 Reichsmark erhoben, für Arbeitslose 0,10 Reichsmark (Zum Vergleich: In diesen Jahren kostete ein Kilo Brot 0,40 Reichsmark.)". Es unterrichteten viele hauptamtliche Funktionäre der KPD an der MASCH, quasi im Ehrenamt, aber nicht als Privatvergnügen, insofern konnte man von einer indirekten Teil-Finanzierung durch die KPD sprechen.

Viele Namen jener, die an der MASCH doziert haben, kennt man: Walter Gropius, Helene Weigel, John Heartfield, Egon Erwin Kisch, Erich Weinert, Anna Seghers, Hanns Eisler, Albert Einstein, Jürgen Kuczynski, Willi Münzenberg, Wilhelm Reich, um nur einige zu nennen. Bertolt Brecht und Kurt Weill unterstützten die MASCH, indem sie ihre Wohnungen zur Verfügung stellten, nachdem die SA 1931 mehrere Vorlesungsräume zerstört hatte. Interessant aus heutiger Sicht sind die sehr breit gefächerten Kursthemen, die in der MASCH unterrichtet wurden: Sozial- und Kommunalpolitik, Recht, Kultur, Künste, Literatur, Film, Radio, Fotografie, Theater, Musik, Naturwissenschaften, Medizin, Sport, Sexualität, Kinder, Erziehung, die Sowjetunion, Fremdsprachen (einschließlich Chinesisch, Japanisch und Esperanto), Psychoanalyse und Individualpsychologie, aber auch: "Rhetorik, Bibliothekswesen, Maschinenschreiben, Orthografie und Grammatik, Rechnen sowie Probleme von Frauen und Jugendlichen."

Peglau betont, es sei nicht übertrieben, von einem "landesweit wirkenden »Apparat der MASCH«" zu sprechen: "MASCH-Lehrräume waren über ganz Berlin verstreut, ab 1932 befand sich nicht nur die MASCH-Zentrale mitten in der Berliner Innenstadt, im repräsentativen Schickler-Gebäude, sondern auch die zwei große Räume umfassende Bibliothek, die intensiv genutzt wurde. Fernkurse wurden eingerichtet, Lehrmaterial zum Selbststudium herausgegeben und verschickt. Und das MASCH-Konzept weitete sich schnell aus: 1932 gab es von der Berliner MASCH koordinierte und angeleitete MASCH-Ableger in 36 großen deutschen Städten sowie zahlreiche Filialen in Kleinstädten. MASCH-Neugründungen in Zürich, Wien und Amsterdam waren erfolgt, Vorbereitungen unter anderem für London getroffen." Nach 1932 setzte die politische Repression durch die Nationalsozialisten ein. Das Zentralgebäude wurde bestetzt, viele verhaftet und das Lehrerverzeichnis beschlagnahmt. Im Frühjahr 1933 wurden die Marxistischen Arbeiterschulen aufgelöst.

Zum ganzen Beitrag über die Geschichte der Masch auf der Website von Andreas Peglau