Rom, 18.-22. Januar: Konferenz zum Kommunismus

Vom 18.-22-Januar fand in Rom eine von Umfang wie Besetzung her gewaltige Konferenz unter dem Titel Comunismo 17 (C17) statt. Sie war vor allem der Russischen Revolution und ihren Folgen gewidmet. Nicht nur die TeilnehmerInnen waren meist recht prominent (u.a. Mario Tronti, Jacques Rancière, Étienne Balibar, Toni Negri, Saskia Sassen, Paolo Virno, Franco „Bifo“ Berardi, Michael Hardt, per Video eingespielt Slavoj Žižek und Silvia Federici), auch das Setting der Konferenz war recht spektakulär: Tagsüber fanden Workshops und Vorträge in der prächtigen Nationalgalerie für Moderne Kunst statt, nachmittags und abends gab es Podien im besetzten Zentrum ESC im alternativen Viertel San Lorenzo. Neben den Podien gab es Workshops, die sich vor allem aus Vertreter_innen politischer und künstlerischer Gruppen zusammensetzten, zudem brachte die Tageszeitung Il Manifesto eine sehr lesenswerte Sondernummer mit Beiträgen der Konferenzteilnehmer_innen heraus.

Weniger spektakulär waren die – gleichwohl durchweg interessanten – Beiträge: Von den vielen Prominenten kam jeweils das Erwartbare. Insgesamt kreiste die Konferenz vor allem um das Verhältnis von Politik, Bewegung, Partei und Staat. Zwei Dinge allerdings waren spektakulär durch ihre Abwesenheit: Geradezu gespenstig abwesend blieben das Ökonomische und das Ideologische. So wurden etwa die Probleme des Partei-Kommunismus im 20. Jahrhundert, vor allem seine Staats- und Machtfixierung, eben als Probleme der Partei und des Staates sowie der Politik und der Macht diskutiert. Die Fragen, warum und auf welche Weise Politik und Staat mit der Ökonomie verschränkt sind und inwiefern beides, das Ökonomische und das Politische, wiederum mit bestimmten Vorstellungen, Anschauungen, Verkehrungen, Fetischismen usw. einhergehen und eine Welt des Ideologischen bilden, die selbst zu einer eigenständigen Macht wird und gleichsam eine eigene politische Ökonomie des Ideologischen bildet – solche Fragen kamen gar nicht erst auf.

Das war umso irritierender, als die Konferenz mit der Amtseinführung von Donald Trump zusammenfiel und überhaupt in eine Zeit fällt, in der ökonomische Krisenprozesse eine politische oder vielmehr ideologische Verarbeitungen finden, die selbst als Teil dieser Krise verstanden werden muss.

Die wenigen Beiträge zur Ökonomie und zu ihrer Kritik (etwa durch Riccardo Bellofiore und Roberto Finelli) waren wiederum nicht auf die Geschichte des Partei- und Staatskommunismus bezogen. Interessant wäre gewesen, wenn diejenigen Stränge aufgenommen worden wären, die in der Vergangenheit hier bereits nach einer Verbindung gesucht hatten: die Russische Revolution als „Revolution gegen das Kapital von Marx“ (Antonio Gramcsi), als eine Art ursprüngliche sozialistische Akkumulation (Georges Bataille), als staatliches Akkumulationsregime einer nachholenden fordistischen Industrialisierung und Modernisierung (Robert Kurz) u.Ä. Das käme auch Žižeks per Video eingespielter Forderung nach, dass nur eine am Problembewusstsein des historischen Materialismus orientierte Linke in der Lage ist, die verhängnisvolle politische Entwicklung in der Sowjet-Union und den Stalinismus ins Verhältnis zu setzen zu den ökonomischen Bedingungen, aber auch zu deren ideologischer Verarbeitung – statt die Entwicklung auf die Person Stalin und auf Gewalt und Machtpolitik zurückzuführen.

Die Beiträge der Konferenz sind z.T. online gestellt: http://www.communism17.org/en/archive/