Marxismus der Dritten Internationale (1919 bis etwa 1945) und „Marxismus-Leninismus“ (ab 1924)

In diese Zeit fallen folgenreiche Spaltungen der Arbeiterbewegung. Anders als in der Zeit zuvor gehen diese weniger auf offene Auseinandersetzung über die „richtige“ Auslegung, Fortführung und politische Umsetzung der Marx’schen Kritik zurück. Es werden auch nicht, wie dann im Westlichen und heterodoxen Marxismus sowie in den neuen Marx-Aneignungen nach 1960, vorwiegend Fragen der Theorie und der Kritik diskutiert (solchen Fragen gingen etwa der sowjetische Psychologe Alexei Nikolajewitsch Leontjew und Isaak Iljitsch Rubin nach; Rubin fiel 1937 dem stalinistischen Terror zum Opfer).

Vielmehr sind die meisten Auseinandersetzungen in dieser Phase eng verbunden mit politischen Richtungsstreits und Machtkämpfen. Dafür stehen beispielsweise Texte oppositioneller Strömungen in der KPD wie jene von Heinrich Brandler und August Thalheimer.

Im Einflussbereich der sowjetischen Kommunisten der KPR (B) setzte sich ein dogmatischer „Marxismus-Leninismus“ durch, der zunächst in der Sowjetunion und später auch in den anderen sozialistischen Ländern zur Staatsdoktrin erklärt wurde. In Abgrenzung dazu und zugleich in Fortsetzung früherer Diskussionen entstehen der eher sozialdemokratisch ausgerichtete Austro-Marxismus, der eher libertär-kommunistisch orientierte Linkssozialismus sowie der Linkskommunismus.