Von Marx‘ Tod bis zur Oktoberrevolution

Erste Parteien und Bewegungen des Marxismus bilden sich bereits zu den Lebzeiten von Karl Marx in einer Zeitspanne, die von der Abfassung des „Anti-Dühring“ durch Friedrich Engels (ab 1877) bis zum Erfurter Programm der deutschen Sozialdemokratie (1891) reicht.

In diese Phase fällt auch die Gründung der Zweiten Internationale (1889) als Zusammenschluss von Arbeiterorganisationen aus verschiedenen Ländern. Die Zeit ist geprägt von der internationalen Verbreitung des Marxismus anhand populärer Werken wie etwa von Engels Schrift „Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft”. Auch die Kanonisierung bestimmter Schriften zu Lehrmeinungen von Marx und Engels zu einer mehr oder minder geschlossenen Weltanschauung fällt in jene Epoche – und steht damit im Gegensatz zu Marx selbst und dessen Denken. Bereits vor 1914/1917 existiert auf internationaler Ebene ein beachtlicher Pluralismus von Strömungen, die Marx jeweils für sich reklamierten.

Mitteleuropa

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Ab 1875)

Obwohl die führenden Größen der „Eisenacher” Richtung der deutschen Sozialdemokratie bereits unter dem Einfluss von Marx und Engels gestanden hatten, setzte sich der (entscheidend durch Engels und später durch Karl Kautsky geprägte) „Marxismus” in seiner Herausbildungsphase – vom „Anti-Dühring“ 1877/78 bis zum „Erfurter Programm“ 1891 – erst als Parteiideologie durch.

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„Die Jungen“ (frühe 1890er Jahre)

Bei „den Jungen“ handelte es sich nach dem Parteiausschluss Johann Mosts um die zweite bedeutende linksoppositionelle Strömung innerhalb der deutschen Sozialdemokratie (innerhalb der dänischen Sozialdemokratie bildete sich ebenfalls eine Linksopposition heraus).

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Orthodoxes Zentrum (ab den 1890er Jahren)

Das Nebeneinander von grundsätzlich-revolutionärer Programmatik und reformorientierter Realpolitik hatte schon das Erfurter Programm von 1891 geprägt. Karl Kautsky war führender Protagonist des „orthodoxen Zentrums“ der SPD und prägte wesentlich das sozialdemokratische Marxismusverständnis seiner Zeit, das bisweilen deterministische und „objektivistische“ Züge trug.

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Revisionistische Strömung (ab den 1890er Jahren)

Der Theoretiker Eduard Bernstein, zuvor Vertrauter von Engels, unternahm in den späten 1890er Jahren den Versuch, die gängigen vermeintlichen Gewissheiten einer gleichsam gesetzmäßig vorgeschriebenen ökonomischen Entwicklung (fortschreitende Klassenpolarisierung, „Verelendung“, „Zusammenbruch“) kritisch zu hinterfragen, um die Programmatik der SPD auf eine reformistische Linie auszurichten.

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Linke Positionen (ab den 1890er Jahren)

Als eine weitere Bernstein-Kritikerin profilierte sich Rosa Luxemburg, deren Position jedoch im Laufe der 1900er Jahre, nicht zuletzt im Zuge der Massenstreikdebatte, zunehmend an Eigenständigkeit auch gegenüber dem „orthodoxen Zentrum“ gewann.

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Austromarxismus (ab den 1900er Jahren)

Hierbei handelt es sich um ein Bündel theoretischer Ansätze, die personell und politisch mit der österreichischen Sozialdemokratie verbunden waren. Er versuchte, den Marxismus in verschiedener Hinsicht weiterzuentwickeln und der damaligen Situation anzupassen.

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Russland

Narodniki (spätes 19. Jahrhundert)

Die Narodniki („Volkstümler“) waren eine revolutionäre Bewegung der russischen Intelligenz im späten 19. Jahrhundert, die sich auf die Bauernschaft stützte.

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„Befreiung der Arbeit“ (1883 gegründet)

An Marx orientierte Vertreter der Narodniki-Bewegung gründeten 1883 im Schweizer Exil die Gruppe „Befreiung der Arbeit“.

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Legaler Marxismus

Der „legale Marxismus“ war zwar eher eine theoretische als eine politische Strömung in der russischen Auseinandersetzung mit Marx, doch ergaben sich auf seiner Grundlage politische Implikationen.

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Menschewiki vs. Bolschewiki (ab 1903)

Nachdem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) 1898 gegründet worden war, spaltete sich die Partei auf dem Londoner Parteitag 1903 in zwei Flügel, von denen der bolschewistische („Mehrheitler“) Flügel um Wladimir Iljitsch Lenin gegen die menschewistische („Minderheitler“) Richtung auf die Umwandlung der Partei in eine Kaderorganisation von Berufsrevolutionären drängte.

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Algemeyner Yidisher Arbeter Bund

Da Teile des „Rayons“, in dem die jüdische Bevölkerung des russischen Zarenreichs lebte, zu den am frühesten industrialisierten Regionen gehörte, bildete sich frühzeitig eine jüdische ArbeiterInnenbewegung heraus.

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Poale Zion

Nachdem sich 1901 der „Bund“ gegen den Zionismus ausgesprochen hatte, gründeten sich vielerorts zionistische Zirkel von sozialistischen ArbeiterInnen und Intellektuellen – nicht nur in Russland, sondern unter anderem auch in den USA, in Großbritannien sowie Österreich-Ungarn.

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Westeuropa und Nordamerika

„Impossibilismus“ (spätes 19. und frühes 20. Jahrhundert)

Der Gegensatz von reformorientierten Kräften einerseits und den an revolutionärer Programmatik festhaltenden Sozialisten andererseits prägte im späten 19. Jahrhundert auch die westeuropäische ArbeiterInnenbewegung.

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Guesdismus

Hierbei handelt es sich um eine politisch bedeutende Strömung innerhalb der „Section Française de l’Internationale Ouvrière“.

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Industrial Workers of the World

Die Industrial Workers of the World  (IWW) gründeten sich 1905 in Chicago als Gewerkschaft, die marxistische, syndikalistische und anarchistische Elemente in sich vereinte.

Die Organisation erlebte ihren Niedergang nach 1917 infolge der sich (nach dem Kriegseintritt der USA) massiv verschärfenden Repression und infolge der wachsenden Anziehungskraft der Kommunisten auf klassenbewusste ArbeiterInnen.

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Deleonismus

In den USA war Daniel De Leon im Jahr 1890 der Socialist Labor Party beigetreten und bestimmte in der Folgezeit immer stärker ihren politischen Kurs, was zu einer entschiedenen Linksorientierung führte.

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