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Alt gegen Jung? Brüche und Kontinuitäten im Werk von Karl Marx

Die Debatte über Kontinuitäten und Brüche im Marx’schen Werk ist ebenso alt wie unabgeschlossen. Bereits relativ früh brach in der Rezeption ein Streit um das Verhältnis des jungen zum alten Marx aus. Vielfach wurde und wird die Meinung vertreten, zwischen dem jungen („philosophisch-humanistischem“) und dem alten („wissenschaftlichem“) Marx liege ein radikaler Bruch. Andere vertreten die These einer Einheit des Marx’schen Werkes: dieselben Motive und Themen durchziehen das gesamte Werk von Anfang bis Ende.

In dieser Veranstaltung wollen wir den Argumenten für die These des Bruchs bzw. der Kontinuität nachgehen. Oder ist die Alternative „Kontinuität oder Bruch“ insgesamt zu schematisch gedacht? Handelt es sich nicht viel eher um viele, einander überlagernde Kontinuitäten und Brüche? Außerdem wollen wir danach fragen ob es sich nicht einfach um philologische Spitzfindigkeiten einiger Marxologen handelt – oder ob die unterschiedlichen Lesarten tatsächlich verschiedene politische Konsequenzen nach sich ziehen?

Eingeladen haben wir Michael Heinrich (Berlin) und Christian Schmidt (Leipzig/Berlin). Moderation: Antonella
Muzzupappa (Berlin)

Veranstaltungsreihe

16. Januar 2018, 18:00 Uhr
Institut für Zukunft
An den Tierkliniken 38, Kohlrabizirkus, 04103 Leipzig, Deutschland
Veranstalter: 
Eine Veranstaltung von www.marx-expedition.de. In Kooperation mit Kulturraum e.V. - KreV und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V.

Marx Expedition 2017/18
200 Jahre Marx: klassische Kontroversen, aktuelle Debatten

Mit dem Erscheinen der Erstausgabe von Karl Marx' Das Kapital vor 150 Jahren begann zugleich eine bis heute anhaltende Rezeptions- und Interpretationsgeschichte. Die daraus hervorgegangenen Varianten des Marxismus erhoben jeweils den Anspruch, den wahren Marx entdeckt zu haben. Die Kontroversen über die verschiedenen Lesarten war dabei keineswegs nur von philologischem Interesse. Je nach Auslegung und Gewichtung wurden unterschiedliche politische Konsequenzen aus den Texten abgeleitet. Während die Sozialdemokratie mit der Annahme eines naturnotwendigen Verlaufs der ökonomischen Entwicklung das revisionistische Programm eines "friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus" legitimierte, sah die Studentenbewegung der 1960er Jahre
den Kern des Marx'schen Werkes in der Entfremdungs-, Verblendungs- und Verdinglichungstheorie. Die Ideologie kapitalistischer Gesellschaften, so ihre Schlussfolgerung, gelte es durch einen revolutionären Akt der Befreiung zu durchbrechen. Im realexistierenden Staatssozialismus hingegen rechtfertigte man die Diktatur des Proletariats mit einem Marx, der mit der Kritik der Fundamente der bürgerlichen Gesellschaft zugleich auch deren Errungenschaften entsorgt habe. Gegenwärtig ist die Verbindung zwischen "dem Marxismus" und den LohnarbeiterInnen gerissen. Die aktuellen akademischen Debatten zu Marx erzeugen kaum gesellschaftliche Resonanz. Gemeinhin gilt Marx als wissenschaftlich widerlegt und als Begründer einer autoritären Gesellschaftsordnung. Kurz: Marx hat ein Imageproblem. Zugleich lässt sich jedoch beobachten, dass das Interesse an Marx und seinen Ideen in jüngster Zeit zunehmend wächst. Aber welcher Marx erlebt hier eine Renaissance? Der frühe Marx als Philosoph der Befreiung oder der späte Marx als Theoretiker des Kapitals? Kommen gar ehemals zentrale Themen des Marxismus, wie Klassenkampf, eine materialistische Geschichtsphilosophie oder die berüchtigte Verelendungstheorie zurück, die lange Zeit als überholt galten?
Anhand von drei klassischen Kontroversen wollen wir exemplarisch unterschiedliche Zugänge zu Marx aufzeigen. In den Podiumsdiskussionen werden jeweils zwei Standpunkte aufeinandertreffen, um nach Plausibilität, Aktualität und den unterschiedlichen praktischen Konsequenzen der jeweiligen Lesarten zu fragen.
 

Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung