„Das Vorwort zur gegenwärtigen Ausgabe muss ich leider allein unterschreiben.“

Vorwort zum Manifest der Kommunistischen Partei (deutsche Ausgabe von 1883). Dietz Verlag, Berlin. 5. Auflage 1975, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1962.

Das Vorwort zur gegenwärtigen Ausgabe muß ich leider allein unterschreiben. Marx, der Mann, dem die gesamte Arbeiterklasse Europas und Amerikas mehr verdankt als irgendeinem andern – Marx ruht auf dem Friedhof zu Highgate, und über sein Grab wächst bereits das erste Gras. Seit seinem Tode kann von einer Umarbeitung oder Ergänzung des "Manifestes" erst recht keine Rede mehr sein. Für um so nötiger halte ich es, hier nochmals das Folgende ausdrücklich festzustellen.

Der durchgehende Grundgedanke des "Manifestes": daß die ökonomische Produktion und die aus ihr mit Notwendigkeit folgende gesellschaftliche Gliederung einer jeden Geschichtsepoche die Grundlage bildet für die politische und intellektuelle Geschichte dieser Epoche; daß demgemäß (seit Auflösung des uralten Gemeinbesitzes an Grund und Boden) die ganze Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen gewesen ist, Kämpfen zwischen ausgebeuteten und ausbeutenden, beherrschten und herrschenden Klassen auf verschiedenen Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung; daß dieser Kampf aber jetzt eine Stufe erreicht hat, wo die ausgebeutete und unterdrückte Klasse (das Proletariat) sich nicht mehr von der sie ausbeutenden und unterdrückenden Klasse (der Bourgeoisie) befreien kann, ohne zugleich die ganze Gesellschaft für immer von Ausbeutung, Unterdrückung und Klassenkämpfen zu befreien - dieser Grundgedanke gehört einzig und ausschließlich Marx an.1

Ich habe das schon oft ausgesprochen; es ist aber gerade jetzt nötig, daß es auch vor dem "Manifest" selbst steht.


 

London, 28. Juni 1883


Fußnoten

1 "Diesem Gedanken", sage ich in der Vorrede zur englischen Übersetzung, "der nach meiner Ansicht berufen ist, für die Geschichtswissenschaft denselben Fortschritt zu begründen, den Darwins Theorie für die Naturwissenschaft begründet hat - diesem Gedanken hatten wir beide uns schon mehrere Jahre vor 1845 allmählich genähert. Wieweit ich selbständig mich in dieser Richtung voranbewegt, zeigt meine 'Lage der arbeitenden Klasse in England'. Als ich aber im Frühjahr 1845 Marx in Brüssel wiedertraf, hatte er ihn fertig ausgearbeitet und legte ihn mir vor in fast ebenso klaren Worten wie die, worin ich ihn oben zusammengefaßt." [Anmerkung von Engels zur deutschen Ausgabe von 1890.]

Ähnliches: 

„…daß das "Manifest" neuerdings gewissermaßen zu einem Gradmesser geworden ist für die Entwicklung der großen Industrie auf dem europäischen Kontinent.“

Die Tatsache, daß eine neue polnische Ausgabe des "Kommunistischen Manifests" notwendig geworden, gibt zu verschiedenen Betrachtungen Anlaß.

„Was das Proletariat hebt und reif macht, das sind die Klassenkämpfe.“

Als ich vor mehr als zwanzig Jahren aufgefordert wurde, zur siebenten autorisierten Auflage des „Kommunistischen Manifestes“ ein Vorwort zu schreiben, da konnte ich feststellen, daß es wohl in Einzelheiten überholt und veraltet sei, daß aber die Grundsätze in keiner Weise an Geltung verloren haben.

„Das Kommunistische Manifest konnte noch erklären.“

Bald sechzig Jahre sind seit der Abfassung des Kommunistischen Manifestes verflossen, sechzig Jahre einer Produktionsweise, die mehr als jede vor ihr in ständiger Umwälzung des Alten, in stetem Hasten und Jagen nach Neuem besteht; sechzig Jahre völliger politischer und sozialer Revolutionierung nicht nur Europas, sondern des gesamten Erdballs.

„Wandel durch kol­lektives Handeln, das ist der Kerngedanke.“

Im Frühling 1847 erklärten sich Karl Marx und Friedrich Engels bereit, dem sogenannten Bund der Gerechten beizutreten, einem Ableger des früheren Bundes der Geächteten, eines revolutionären Geheimbunds, der in den 1830er Jahren in Paris unter französischem revolutionären Einfluss von deutschen Handwerksgesellen gegründet worden war …