Berliner Perspektiven auf den „Roten Oktober“

Janine Wissler, Michael Brie, der Moderator Christoph Jünke und Konferenzorganisator Uwe Sonnenberg Public Domain

Gestern begann in Berlin die Revolutionskonferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin. Die Tagung begann am Freitag mit einem Gespräch zwischen Janine Wissler und Michael Brie über das Erbe Lenins, von Michael Brie als gleichermaßen unannehmbar und unausschlagbar charakterisiert.

Bezugspunkt des Gesprächs war das von Michael unlängst erschienene Büchlein „Lenin neu entdecken“ , in dem er der Dialektik der Revolution und der Metaphysik der Herrschaft nachspürt.

Damit setzt die Stiftung die Diskussion fort, die auch in St. Petersburg geführt wurde: es geht um die Widersprüchlichkeit revolutionärer Veränderungen und welche Konsequenzen daraus für das Handeln im Hier und Heute abzuleiten sind. Einige der TeilnehmerInnen haben auch in St. Petersburg bereits gesprochen, so dass wir hier vielleicht am Beginn eines interessanten Austausches, auch mit Blick auf die Debatten um die Revolutionen 1918/1919 in Deutschland, stehen könnten.

Die beiden ProtagonistInnen der Vormittagssitzung am Samstag präsentierten eine andere Perspektive auf die Revolution. Jodi Dean zeigte, auf welche Weise die Oktoberrevolution und die folgenden Diskussionen in der Kommunistischen Internationale dazu beitrugen, in den USA Kommunismus und „Rassenfrage“ miteinander zu verschmelzen. Dean verwies dabei auf den internationalistischen Anspruch der Oktoberrevolution und die Hervorhebung des emanzipatorischen Potenzials der am meisten unterdrückten Schichten der Gesellschaft, die die Politik der Komintern in den ersten Jahren ihrer Existenz auch prägten. Auf Jahrzehnte war die Verbindung von „Klassenfrage“ und „Rassenfrage“ für die herrschenden Kreise der USA ein wichtiges Motiv für die Verfolgung und Verleumdung jeglicher kommunistischer Bestrebungen. Boris Kagarlitzky aus Russland entwickelte in seinem Beitrag an Hand des Umgangs mit dem Revolutionsjubiläum über die Jahre des Bestehens der Sowjetunion die geschichtspolitische Dimension. Als der deutschen und russischen Diskussion gemeinsam kann man nach diesem Vortrag festhalten, dass das Nicht-Aussprechen von Problemen und Widersprüchen von Prozessen, wie der Revolutionen des Jahres 1917, zu guter letzt die Linke immer wieder in die geschichtspolitische und politische Defensive treibt.

Im weiteren Verlauf der Tagung werden kulturelle, politische, ökonomische und soziale und geschlechterpolitische Fragen sowie die damals gefundenen Antworten auf ihre Bedeutung für die heutige Zeit hin debattiert werden. Auch Kurzentschlossene sind in den kommenden Stunden noch herzlich willkommen!