Als sich 1971 zwei Dutzend westdeutsche Linke mit der neuen Zeitschrift »Probleme des Klassenkampfs« zu Wort meldeten, war das einerseits eine Reaktion auf den Putsch, den es zuvor in einem anderen Blatt gegeben hatte: der »Sozialistischen Politik«. Doch wie es sich mit fast allem Streit verhält, meist liegt irgendetwas Tieferes darunter - und so war es auch hier: Die neue »Zeitschrift für politische Ökonomie und sozialistische Politik« sollte zugleich ein schon damals alt bekanntes Phänomen hinter sich lassen: ein »apologiertes, dogmatisches« Verständnis der Schriften von Marx und eine entsprechende Selbstzurichtung der im Anschluss daran geführten Debatte, der daran orientierten Praxis. Statt »eilige Flucht in doktrinäre Formeln« wollte man sich wieder »der naheliegendsten Aufgabe marxistischer Intelligenz« verpflichten: »der wissenschaftlichen Analyse und Kritik der bürgerlichen Gesellschaft«.
Die PROKLA nennt sich heute »Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft«, den zentralen Bezugspunkt, besser gesagt: die Reibefläche »Marx« hat sie indes nie links liegen lassen. »Gesellschaftstheorie im Anschluss an Marx« (2011), »Marx!« (2010), »Gesellschaftstheorie nach Marx und Foucault« (2008) oder »Marx, Keynes und der globalisierte Kapitalismus« (2001) - die Liste der Schwerpunktausgaben, die sich Marx und den oft kontroversen Fragen einer Kritik der politischen Ökonomie auf der höhe ihrer Zeit zuwandten, ließe sich leicht verlängern. Und nun ist wieder ein solches Heft in Planung: »150 Jahre Das Kapital von Karl Marx« soll im September 2017 erscheinen.
»Nach 150 Jahren ist ›Das Kapital‹ noch immer eine Herausforderung«, schreibt die Redaktion in ihrem Call for Papers - was nicht nur daran liegt, dass »erst seit wenigen Jahren« auch alle diesem zentralen Werk zugrundeliegenden Manuskripte zugänglich sind. Eine an Marx orientierte kritische Wissenschaft wird sich schließlich nich auf die Rolle einer Philologie zurechtstutzen lassen wollen. Es geht auch um theoretische Intervention in Zeiten, in denen der Jubiläumszug längst rollt, »in der bürgerlichen Öffentlichkeit«, wie es bei der PROKLA heißt. Wo sonst? Und ob das ein Nachteil ist, hängt nicht zuletzt davon ab, was »eine radikale Gesellschaftskritik« dazu beizutragen hat. Genau darum soll es in dem Schwerpunkt gehen: »sich das kritische Potenzial der Marxschen Theorie zu vergegenwärtigen und sie zu aktualisieren, selbstkritisch Gewissheiten und zweifelhafte Traditionslinien zu überprüfen und zu hinterfragen«.
Mehr Informationen zum Call for Papers gibt es hier. Und was in der PROKLA seit 1971 im Anschluss an Marx, in intellektueller Reibung an seinen Schriften und an denen, die sich für die jeweils richtigen »Interpreten« halten, geschrieben wurde, lässt sich in einem umfangreichen Onlinearchiv der Zeitschrift nachstöbern.