Kommunistisches Manifest

Das Manifest der Kommunistischen Partei, entstanden 1847/48, ist die weltweit bekannteste und wirkungsmächtigste Schrift des Marxismus. Die gedankliche Präzision und Sprachgewalt, womit es die „Geschichte aller bisherigen Gesellschaft“ als „Geschichte von Klassenkämpfen“ (4/462) skizziert, hat ihm unter den Kommunisten den Status eines Gründungsdokuments ihrer Bewegung verliehen. Das Manifest, dessen Verbreitung die der Bibel bei weitem übersteigt, war Kraftquell in Zeiten der Niederlage, wurde versteckt, auswendig gelernt und weiter erzählt. Es wurde selbst dort rezipiert, wo sich der Kapitalismus noch nicht oder nur ansatzweise herausgebildet hatte. Rebellierende Unterdrückte übersetzten „Proletarier“ mit „Ausgebeutete“ oder „Arme“ und „Bourgeoisie“ mit „Ausbeuter“ oder „Reiche“, um Letzteren zu verkünden, ihre „Totengräber“ (474) seien bereits am Werk. Internationalistische Aktionen erfüllten den das Manifest  beschließenden Aufruf mit Leben: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ 493).

Das Werk resultierte aus der Wechselwirkung von Theorie und Praxis. „Ein Jahrzehnt des (...) Ringens einer fortgeschrittenen Arbeiterorganisation um ein ihr adäquates Programm, ein halbes Jahrzehnt der komplizierten, vielschichtigen Herausbildung der Marxschen Ideen mündeten in die Debatten und Beschlüsse des zweiten Kongresses“ von 1847 und „schließlich in die Abfassung des Manifests; das „’Verschmelzen’ von Arbeiterbewegung und wissenschaftlicher Theorie“ konnte sich „nicht im luftleeren Raum und nicht in der Studierstube“ vollziehen, „sondern nur im Leben einer Organisation, die sich dabei qualitativ verändert“ (Hundt 1993, 386). „Nie wurde die kapitalistische Globalisierung (...) grandioser besungen“ (Greffrath 1998), überhaupt hat kein Vertreter der Bourgeoisie je deren revolutionäre Rolle „more powerfully and profoundly“ (Berman 1982, 92) erfasst als das Manifest. Die „klassische Form“, die der Schrift ihren „dauernden Platz in der Weltliteratur“ gesichert hat (Mehring, Karl Marx, GS 3, 155), enthält ein emanzipatorisches Potential, das in der Suche nach Alternativen zur neoliberalen Globalisierung fortwirkt.

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