Heterodoxer Marxismus in den USA, Kanada und Australien

Die heterodoxe Marx-Diskussion in den USA entstand wie der „Westliche Marxismus“ in Abgrenzung zum dogmatischen „Marxismus-Leninismus“ und setzte ihm eine im weitesten Sinne humanistische und philosophische Lesart der Marx‘schen Texte entgegen.

Die Marx-Debatte in den USA war zum Teil von anderen weltweit wirksamen Strömungen beeinflusst, etwa vom Trotzkismus, Leninismus und vom Maoismus, aber auch von der Kritischen Theorie. Zum Teil führte sie aber auch eine eigenständigen US-amerikanische Tradition fort, nämlich die so genannte frühe Phase des amerikanischen Marxismus. Zudem hatte sich in den USA ein eigenständiger Frühsozialismus entwickelt, den Marx, im Gegensatz zum französischen und britischen Sozialismus, kaum kannte. Im 20. Jahrhundert waren in den USA dann vor allem sozialistische Gruppen sowie bestimmte soziale Bewegungen wie die Bürgerrechtsbewegung und der Feminismus einflussreich, aber auch der Anarchismus.

In der Nachkriegszeit entwickelte sich die Marx-Diskussion, von den Verfolgungen der McCarthy-Zeit zunächst blockiert, dann vor allem im Umfeld der so genannten New Left, vergleichbar mit den Neuen Sozialen Bewegungen in Westeuropa. Eine im weitesten Sinne heterodoxe Marx-Diskussion findet mittlerweile vorwiegend im Umfeld der Universitäten und sowie in bestimmten Zeitschriften und auf Konferenzen statt.

In Kanada verbreitete sich der Marxismus Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts durch britische ArbeiterInnen sowie im Umfeld der 1904 gegründeten Socialist Party of Canada. Die Marx-Diskussion war lange Zeit eher parteiförmig gebunden. Erst in den 1970er Jahren begann im Zuge der allgemeinen Erneuerung einer Kritik nach Marx auch in Kanada eine lebhafte Marx-Diskussion. Ähnlich wie in Kanada verlief auch die Entwicklung in Australien, wo bereits 1891 eine Labour Party entstand.

Eine Einführung in den Marxismus in den USA ist 1974 von Paul Buhle bei Merve erschienen. Sammlungen einschlägiger Texte des so genannten Humanist Marxism sowie neuere Debatten darüber finden sich unter anderem auf den Seiten der Marxist-Humanist-Initiative, deren wohl wichtigste Vertreterin Raya Dunayevskaya war. Einflussreich für die heterodoxe Marx-Diskussion waren außerdem Paul Mattick und Hal Draper. Eine Übersicht über die maßgeblichen Zeitschriften findet sich hier.