Marx-Forschung in der DDR (1949-1989)

Die Allgegenwart von Beschwörungsformeln, denen zufolge in der DDR „die Lehren von Marx verwirklicht“ worden seien, lässt vermuten, der Marxismus sei bloße Herrschaftsideologie der SED gewesen. Doch diese Perspektive ist zu eng: Zwischen 1946 und 1989 hat es in Ostdeutschland nicht nur heterodoxe Marx-Debatten in den Nischen des Realsozialismus gegeben, sondern auch eine umfangreiche wissenschaftliche Beschäftigung mit Marx. Ertragreich waren vor allem die Ergebnisse der Geschichtsforschung und der Marx-Edition, hier wiederum besonders die Arbeiten zur MEGA.

Neben dem „offiziellen Marxismus“ existierten in der DDR weitere Lesarten und lebendige Debatten unter PhilosophInnen, ÖkonomInnen und GesellschaftswissenschaftlerInnen – viele von ihnen gerieten in die Mühlen der Repression. Zu den wichtigen Namen der heterodoxen, aber in einigen Fällen auch der dogmatischen Marx-Diskussion in der DDR zählen unter anderem Ernst Bloch, Helmut Seidel, Robert Havemann, Wolfgang Harich, Peter Ruben, Rudolf Bahro, Manfred Buhr, Jürgen Kuczynski, Gunther Kohlmey und Friedrich „Fritz“ Behrens.

Einen Einblick in die akademische Marx-Forschung in der DDR bieten heute Archive wie das der Beiträge zur Marx-Engels-Forschung, der Marx-Engels-Forschungsberichte oder der Halleschen Arbeitsblätter zur Marx-Engels-Forschung. Eine gute Einführung in die Schwierigkeiten des Themas Marxismus und Denken im Anschluss an Marx in der DDR liegt von Lutz Brangsch vor.