„Keiner hat so wie er die Grundlinien der Entwicklung klargelegt.“

Das Kapital – Im Zusammenhang ausgewählt und eingeleitet von Benedikt Kautsky. Alfred Kröner Verlag, Leipzig, 1929

Das „Kapital“ stellt das Hauptwerk von Marx dar. Es ist ihm selbst nicht vergönnt gewesen, sein Werk zu voll­enden; nur der erste, 1867 erschienene Band liegt in end­gültiger Fassung vor, den zweiten und dritten hat FriedrichEngelsaus dem Marxschen Nachlaß 1885 und 1894 heraus­gegeben. Das „Kapital“ zeigt am deutlichsten die Merkmale der Marxschen Arbeitsmethode und Leistung: die Vereini­gung aller geistigen Strömungen seiner Zeit und die An­wendung ihrer Erkenntnisse auf die Gesellschaftswissen­schaft [1].

Vor allem sind drei Elemente in seinem Werke ver­einigt, deren Zusammenfassung erst den Aufbau des Marx-sehen Lebenswerks ermöglicht hat: deutsche Philosophie,englische Nationalökonomieund französischer Sozialismussind zu einer einheitlichen Synthese verschmolzen. Gleich­zeitig aber legte Marx die Schranke nieder, die bis zu seiner Zeit Natur- und Geisteswissenschaften trennte. Seine Ge­schichtsauffassung wendet die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft und der Entwicklungstheorie — man darf nicht vergessen, daß Marx ein Zeitgenosse Darwinswar — auf die Gesellschaftslehre an und tat damit den entscheiden­den Schritt zu der Einsicht, daß das ganze Weltgeschehen, in der Natur ebenso wie in der menschlichen Gesellschaft, gleichartigen, wenn auch nicht den gleichen Gesetzen unter­worfen ist.

Diese Vereinigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse der wichtigsten Kulturländer zu einem einheitlichen System ist bis zu einem gewissen Grade aus dem Leben von Marx zu er­klären. Am 5. Mai 1818 in Trier als Sohn eines Rechtsan­waltes geboren, schien er zunächst für einen akademischen Beruf bestimmt. Nach Vollendung des Gymnasiums geht er 17 jährig als Student der Rechte nach Bonn, im folgenden Jahre (1836) nach Berlin. Hier gerät er allmählich mehr und mehr ins Studium der Philosophie, die ganz im Zeichen Hegels,des erst wenige Jahre vorher gestorbenen Beherr­schers der Berliner Universität, stand. Auch Marx wurde Hegelianer; freilich hat er sich das Eindringen in sein System nicht leicht gemacht. Im Laufe vieler durchwachter Nächte, angefangener, aber nie vollendeter Schriften und heißer Diskussionen im Kreise geistesverwandter Freunde hat er sich schließlich dazu durchgerungen, den Grundstein der Hegelschen Lehre, die Dialektik,auch zu seinem eigenen Ausgangspunkt zu machen.

Die Hegelsche Dialektik besagt im wesentlichen, daß jede Phase der Entwicklung in sich selbst den Keim zu ihrem eigenen Gegensatz trägt, daß aber auch dieser Gegensatz nicht bestehen bleibt, sondern nach der Rückkehr zur ur­sprünglichen Form strebt, und daß schließlich ein Ausgleich in einer neuen Entwicklungsstufe, die die Elemente von Satz und Gegensatz (nach dem Hegelschen Ausdruck These und Antithese) in der Synthese vereinigt, gefunden wird — bis die inneren Spannungen zu einem neuen Hervor­brechen der Gegensätze führen.

Der dialektischen Methodeist Marx sein Leben lang treu geblieben und hat stets anerkannt, wieviel er ihr verdankt [2], auch als er längst zu einem andern Inhaltgelangt war und an die Stelle des Geistes, der bei Hegel Inhalt, Antrieb und Zweck des Weltgeschehens ist, die Anschauung des Materia­lismus gesetzt hatte.

Freilich bestand von allem Anfang an zwischen Marx und Hegel ein wesentlicher Unterschied. Für Hegel war der preu­ßische Staat des Vormärz das politische Ideal, die eigent­liche Erfüllung der Entwicklung des Weltgeistes. Seine jun­gen Schüler, zu denen sich auch Marx zählte, gingen in die­ser Frage weit über den Meister hinaus. Sie erkannten die Unmöglichkeit, eine Lehre, die die Unendlichkeit der Ent­wicklung im steten Spiel von Satz und Gegensatz ausspricht, zur Rechtfertigung des Bestehenden zu verwenden. Der Kreis der „Junghegelianer“ geriet so bald ins Fahrwasser der Demokratie und der Auflehnung gegen die Vorherrschaft der Kirchen — der protestantischen wie der katholischen. Der 1840 erfolgende Regierungsantritt Friedrich Wil­helms IV. schien in Preußen eine neue Ära anzukündigen. Auf den konservativen, nüchternen, jeder Wissenschaft ab­holden Friedrich Wilhelm III. folgte der „Romantiker auf dem Königsthron“, der als Kronprinz vielfältige Interessen auf geistigem Gebiet zeigte und von dem man wenigstens eine Lockerung der Zensurvorschriften und eine größere Freiheit des akademischen Lebens erwartete. So konnte Marx hoffen, daß sich der akademischen Laufbahn keine unüberwindlichen Schwierigkeiten inden Weg stellen wür­den, und traf nach Ablegung des Doktorexamens (1841 an der Jenaer Universität) Vorbereitungen zur Erlangung einer Privatdozentur in Bonn.

Es zeigte sich jedoch sehr bald, daß die von Friedrich Wil­helm IV. zur Schau getragene Geistigkeit nur Kronprinzen­allüren waren, die nach der Thronbesteigung sofort einem reaktionären Kurs Platz machten. Marx erkannte deshalb, daß er nicht hoffen durfte, seine Ideen an den preußischen Universitäten zu verwirklichen, sondern daß dies nur im Kampf gegen den bestehenden Staat möglich sein würde. Wie weit Marx zu dieser Zeit nicht nur vom Materialis­mus, sondern auch von seinen späteren revolutionären und sozialistischen Anschauungen entfernt war, beweist die Tat­sache, daß er sich nicht einer der damals in Deutschland bestehenden revolutionären Gesellschaften anschloß, son­dern daß er sein Tätigkeitsfeld bei der bürgerlichen Demo­kratie suchte. Die geringfügige Lockerung der Zensurvor­schriften hatte in den liberalen Kreisen des erstarkenden Bürgertums Westdeutschlands den Plan der Gründung einer fortschrittlichen Zeitung reifen lassen, die die Vorkämpfe­rin des wirtschaftlichen und geistigen Fortschritts werden sollte. Trägerin dieses Gedankens war die Industrie des auf­strebendenRhein- und Ruhrgebietes, wo nach Beendigung der Napoleonischen Kriege die Baumwollindustrie in El­berfeld-Barmen, die Seidenweberei in Krefeld, die Kohlen-und Eisenindustrie an der Ruhr, namentlich in Essen, stärker und stärker wurden und zum Ausbau eines immer dichteren Eisenbahnnetzes drängten. Das Zentrum dieses Gebietes war Köln,und es war deshalb selbstverständlich, daß diese Stadt zum Erscheinungsort der neuen Zeitung, der „Rheinischen Zeitung“, gewählt wurde.

Marx stand mit den meisten literarisch tätigen Demokraten und Liberalen in Verbindung, so daß er an die Unterneh­mer der neuen Zeitung gut empfohlen war. Zuerst lieferte er von Bonn aus Artikel, um dann (Oktober 1842) nach Köln zu übersiedeln, wo er in der Redaktion des Blattes rasch der führende Kopf wurde.

Die Jahre 1842 und 1843 sind die entscheidenden Jahre in der Entwicklung von Marx. Er, der die politischen Fragen zunächst vom philosophischen Standpunkt aus betrachtet, der starkes Interesse für religionsphilosophische Fragen be­kundet, der in einer Polemik mit der „Augsburger All­gemeinen Zeitung“ bekennt, daß er den Problemen des Sozialismus fremd, wenn auch sympathisch, gegenüberstehe — er wurde durch seine tägliche Beschäftigung mit poli­tischen Fragen veranlaßt, sich mit den materiellen Grund­lagen der Politik zu befassen.

Der ständige Kampf mit der Zensur, den er zunächst durch geschickte Ausnützung aller Lücken der gesetzlichen Vor­schriften zu führen sucht, überzeugt ihn schließlich von der Aussichtslosigkeit, das altpreußische Regime von innen heraus zu reformieren, zeigt ihm aber gleichzeitig die Schwäche seiner liberalen Auftraggeber, mit denen verbün­det er ursprünglich seinen Kampf gegen die preußische Regierung zu führen gedacht hatte. So scheidet er am 18. März 1843 aus dem Redaktionsverband der für den 1. April verbotenen Zeitung, da einige Financiers und Re­dakteure der Zeitung die — freilich ungerechtfertigte —Hoffnung hegten, durch das Ausscheiden von Marx werde das Wiedererscheinen der Zeitung ermöglicht werden.

Nach der Beendigung seiner Redakteurtätigkeit zieht er sich zunächst nach Kreuznach zurück, um in der Studier­stube für sich das Ergebnis der letzten Jahre festzulegen. Daneben beschäftigten ihn Pläne zur Herausgabe einer neuen Zeitschrift, deren Verwirklichung um so mehr drängt, als der Fünfundzwanzigjährige in Kreuznach Jennyv. Westphalenheiratet, mit der er sich als Siebzehnjähriger vor seinem Abgang auf die Universität heimlich verlobt hatte und die ihm nun fast vierzig Jahre durch Not und Entbehrungen eine treue, stets mutige und heitere Lebens­gefährtin bleiben sollte.

In Arnold Rugefand er den Mann, den er für eine gemein­same literarische Arbeit geeignet glaubte. InPreußen war eine Zeitschrift, wie die beiden sie planten, unmöglich; so entschlossen sie sich, sie unter dem Titel „Deutsch-Französische Jahrbücher“ in Parisherauszugeben.

Von der Zeitschrift ist 1844 nur das erste Doppelheft er­schienen. Es enthält zwei Aufsätze von Marx („Zur Juden­frage“ und „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphiloso­phie“). In diesen Aufsätzen sind als Ansätze die Gedanken zu finden, die das Marxsche Lebenswerk kennzeichnen: der Klassenkampf-Gedanke, die materialistische Geschichtsauf­fassung und der revolutionäre Sozialismus.

Es fehlt aber noch die Hinwendung zur Nationalökonomie. Gerade diese wird aber durch die Herausgebertätigkeit bei den „Deutsch-Französischen Jahrbüchern“ bewirkt. Zu ihren Mitarbeitern zählte nämlich Fr. Engels,der aus Eng­land kommend, zwei Aufsätze beisteuerte („Die Lage Eng­lands“ und „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökono­mie“).

Diese Aufsätze ließen die beiden erkennen, wie ähnlich ihre Interessen und Auffassungen waren, und so vertiefte sich ihre Bekanntschaft rasch zu einer auf gemeinsamer Arbeit beruhenden Freundschaft, die unerschüttert bis zum Tode von Marx dauerte.

Engels stammte aus einem ganz andern Milieu als Marx. Sein Vater war Textilfabrikant in Barmen; in dessen Hause herrschte die nüchtern-kalvinistische Frömmigkeit, die es verständlich erscheinen läßt, daß der Vater den stets feu­rigen Jungen anläßlich eines Konflikts kurzerhand aus dem Gymnasium nimmt und nach Bremen in die Kaufmanns­lehre steckt. Hier ist der Jüngling ganz auf sich angewie­sen, und es zeugt von seinem wissenschaftlichen Instinkt, daß er in dieser Isoliertheit mit etwa 18 Jahren — er ist zwei Jahre jünger als Marx — ebenfalls in das Hegelsche System eindringt. Als er dann 1841, kurz nach Marx' Weg­gang, zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst nach Berlin kam, fand er rasch den Weg zu den Junghegelianern. Nach Voll­endung seiner Dienstzeit ging er nach England, wo er in eine Zweigfirma des väterlichen Unternehmens in Man­chester eintrat; ein kurzer Besuch in der Redaktion der „Rheinischen Zeitung“ bei Marx führte zu keiner Annähe­rung. Der Aufenthalt in England, das damals einen Höhe­punkt der chartistischen Arbeiterbewegung erlebte, bekehrte Engels zum Sozialismus.

Die entschiedene Wendung zum Sozialismus wurde bei Marx durch den Aufenthalt in Paris verstärkt, wo er mit der Arbeiterbewegung in enge Fühlung trat. Zunächst freilich hatte diese Entwicklung zur Folge, daß sich Ruge, der bür­gerlicher Demokrat blieb, von Marx trennte, und daß da­mit auch das Schicksal der Zeitschrift besiegelt war.

In Paris konnte Marx nicht lange bleiben. Schon Anfang 1845 erfolgte auf das Betreiben der preußischen Polizei seine Ausweisung aus Frankreich; Marx siedelte nach Brüs­sel über, wo er sich vor den Schikanen der Polizei nur da­durch sichern konnte, daß er sich nicht in die belgische Tagespolitik einmengte. Diese Befreiung von der Tages­arbeit benützte er, um gemeinsam mit Engels sein wissen­schaftliches System auszubauen. In diese Zeit fällt die Aus­arbeitung der materialistischen Geschichtsauffassung, aber auch intensive Beschäftigung mit ökonomischen Fragen, deren Frucht die Streitschrift gegen Proudhon„Das Elend der Philosophie“ ist. Daneben knüpft Marx immer engere Fäden zur sozialistischen Arbeiterbewegung, die zwar noch in den Anfängen steckte und sich vielfach der Form der Verschwörung bedienen mußte, in der Marx und Engels jedoch schon die Trägerin des sozialistischen Gedankens er­blickten. Ihr sollte das Anfang 1848 veröffentlichte „Kom­munistische Manifest“ als Programm dienen; nicht mit Un­recht ist es als „Geburtsurkunde des modernen Sozialismus“ bezeichnet worden.

Seine Veröffentlichung fiel fast mit dem Ausbruch der Februarrevolution in Paris zusammen, deren Kommen Marx und Engels prophetisch vorausgesagt hatten. Die kurz darauf folgende deutsche Märzrevolution ermöglichte beiden die Rückkehr in die Heimat; sie schlugen ihr Hauptquartier in Köln auf, wo sie gemeinsam mit einer Reihe glänzender Federn (z. B. Freiligrath) die Redaktion der „Neuen Rhei­nischen Zeitung“ übernahmen.

Kaum ein Jahr (April 1848—Mai 1849) dauerte die Redak­tionstätigkeit; da machte ihr der Zusammenbruch der deut­schen Revolution ein Ende. Marx ging zuerst nach Paris und, als dort wiederum die Ausweisung drohte, nach Lon­don — für kurze Zeit, wie er zunächst glaubte, weil er wie alle deutschen Flüchtlinge mit dem baldigen Wiederaus­bruch der Revolution rechnete. In Wahrheit sollten weder er noch Engels England je wieder auf längere Zeit verlassen. Die unfreiwillige Muße, die beiden die auf die 48 er Revo­lution folgende Reaktionszeit auferlegte, gab ihnen Anlaß und Gelegenheit, die Ursachen des Mißlingens der Revolu­tion zu untersuchen. Dabei führten beide eine Arbeits­teilung durch, wie sie in der Weltgeschichte wohl einzig da­steht. Marx hatte beim Verbot der „Neuen Rheinischen Zeitung“ den Rest seines kleinen Vermögens eingebüßt; da London für deutsche politische Flüchtlinge nicht die Möglichkeit eines ausreichenden literarischen Broterwerbs bot, entschloß sich Engels, um die Mittel zu gewinnen, die dem Freunde die wissenschaftliche Arbeit ermöglichen konn­ten, zu einer Versöhnung mit seinem Vater, mit dem er sich wegen seiner revolutionären Betätigung überworfen hatte, und zum Eintritt in das Zweiggeschäft in Manchester, in dem er schon früher gearbeitet hatte. Trotz seiner Be­mühungen vermochte er aber nicht, vom Marxschen Hause die Not fernzuhalten. Es ist qualvoll, aus dem Briefwech­sel der beiden zu ersehen, wie das gemeinste Elend des Tages Marx während langer Jahre bedrückte, wie Krankheit und Tod in seiner Familie nur allzu häufige Gäste waren. Selten sind wissenschaftliche Werke unter gleich ungün­stigen äußeren Umständen entstanden, aber in denjenigen, die Marx vollenden konnte, ist keine Spur davon zu fin­den. Anfang der 5oer Jahre beschäftigt sich Marx haupt­sächlich mit der Geschichte der Revolution von 1848 und der darauffolgenden Jahre, die er in einigen, z. T. mit Engels gemeinsam verfaßten Schriften analysierte. Dann aber wendet er sich mehr und mehr nationalökonomischen Studien zu — in der Erkenntnis, daß er den Gegner, den Kapitalismus, erst genau kennen müsse, ehe er ihn bekämp­fen könne.

Das 5. und 6. Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts füllte er neben journalistischer Tagesarbeit fast ganz mit seinen Studien aus. Als ersten größeren Abschnitt veröffentlicht er 1859 die „Kritik der politischen Ökonomie“. Aber bei dem hohen Maße an Selbstkritik, über das er verfügte, war er von der Form und der Methode der Darstellung nicht befriedigt, so daß er sie vollkommen ummodelte und erst 8 Jahre später — 1867 — als ersten Band des „Kapi­tal“ in neuer Gestalt veröffentlichte.

Es war ihm nicht möglich, sein Werk zu vollenden. Er konnte seinen Manuskripten, die seine charakteristische Ar­beitsmethode zeigen — er behandelt einen Gegenstand, wo­möglich unter Heranziehung älterer Autoren, von allen Seiten, bis er zu einem Ergebnis gelangt und in der Ent­wicklung seiner Gedanken fortfährt —, nicht die endgül­tige Form geben, so daß sie erst nach seinem Tode von Engels herausgegeben wurden.

Dies war durch zwei Ursachen verschuldet. Einmal brachte das Wiederaufleben der Arbeiterbewegung in den 6o er Jah­ren die Gründung der Internationalen Arbeiter-Assoziation(der sogenannten „Ersten Internationale“, 1864), deren geistiger Leiter Marx bis zu ihrem durch die Niederschla­gung des Pariser Kommuneaufstandes (1871) beschleunig­ten Zerfall war. Deren Organisierung, Erhaltung, sowie nicht zuletzt auch ihre inneren Zwistigkeiten bürdeten ihm eine ungeheuere Arbeitslast auf. Dann aber rächte sich namentlich seit Beginn der 70 er Jahre die unter den un­günstigsten Bedingungen vollbrachte Überarbeit durch stän­dige Krankheit, die schließlich auch die unerschöpflich scheinende Arbeitskraft untergrub und jede produktive Ar­beit größeren Umfangs unmöglich machte. Sehr viel zu seinem vorzeitigen Ende hat der Tod seiner Frau (1881) und seiner ältesten Tochter (1883) beigetragen, denn dieser als herzloser und finsterer Revolutionär verschriene Mann hing mit unendlicher Liebe und Zärtlichkeit an den Seinen.

Am 14. März 1883 schloß er die Augen — zu einer Zeit, da sich die Arbeiterbewegung wieder in einer schweren Krise befand, die Internationale zerschlagen war, in Deutschland das Sozialistengesetz herrschte, in Frankreich, Österreich wie den meisten übrigen europäischen Staaten der Aus­nahmezustand verhängt war, in Rußland die revolutionäre Bewegung nach anfänglichen großen Erfolgen zusammen­brach — und trotzdem, gestützt auf seine wissenschaftliche Erkenntnis, die ihm ein baldiges Wiederaufleben der Be­wegung verhieß, voll ungebrochenen Mutes und Vertrauens in die Zukunft.

Engels, der ihn 12Jahre überlebte — er starb am 5. August 1895 —, hatte das Glück, den Wiederanstieg der Arbeiter­schaft zu erleben. 1889 erfolgt die neuerliche Gründung der „Internationale“(der sogenannten „Zweiten Internatio­nale“), 1890 fällt das Sozialistengesetz in Deutschland, in seinem Sturz den allmächtigen Kanzler des Reiches, Bis­marck, mit sich reißend, in Frankreich, Österreich, Ruß­land schließt die Arbeiterschaft die Reihen, allerorten wach­sen ihre Organisationen bis zu einem Ausmaß, das früher nicht für möglich gehalten worden war.

Ihr übergab Engels in der Form des 2.und 3. Buches des „Kapital“ das Marxsche Testament, nicht als eine Bibel, an deren Sätze man glauben müsse, sondern als ein Mittel, zu wissenschaftlicher Erkenntnis zu gelangen und diese Er­kenntnis in ihrem Kampfe fruchtbringend zu verwerten [3].

Wie wir in der vorstehenden kurzen Lebensbeschreibung von Marx gezeigt haben, beruht seine ganze wissenschaft­liche Arbeit auf einer Einheit seiner Grundanschauung, gleichviel ob er historische, ökonomische oder philosophi­sche Fragen behandelt. Der tragende Pfeiler dieser Einheit ist seine Geschichtsphilosophie.

Er hat sie in seinem berühmten Vorwort zur „Kritik der politischen Ökonomie“ kurz formuliert, indem er sagt: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, son­dern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußt­sein bestimmt.“ Die Grundlagen dieses „gesellschaftlichen Seins“ sind „die Produktionsverhältnisse“, und „die Ge­samtheit der Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher be­stimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen.“ Die Veränderung der politischen und sozialen Verhältnisse erfolgt also nach bestimmten Gesetzen, die in der ökonomi­schen Entwicklung begründet liegen [4]. Für Marx ergab sich ein doppelter Anlaß zum eingehenden Studium der ökono­mischen Struktur. Als Politikermußte er trachten, die Ent­wicklung des Kapitalismus zu erforschen, da gerade von seinem Standpunkt aus die Verfolgung einer bestimmten Politik davon abhing, ob sie sich im Einklang mit den öko­nomischen Tendenzen befand oder nicht. Aber Marx war als Politiker stets zugleich auch Wissenschaftler.Gerade auf dem Gebiet der Ökonomie hat sich seine Methode der mate­rialistischen Geschichtsauffassung als ungemein fruchtbar erwiesen, und seine Erkenntnisse sind heute Gemeingut der Wissenschaft geworden, ohne daß diese Tatsache ins Bewußt­sein der Allgemeinheit übergegangen wäre.

Die „klassische“ Nationalökonomie, deren bedeutendste Vertreter Smith [5] und Ricardos [6]waren, nahm die kapitalistische Produktionsweise als die höchste Entwicklungsstufe der Wirtschaft hin, die zwar gewisse Vorstufen und Entwick­lungsfehler habe, über die hinaus aber eine weitere Entwick­lung nicht möglich sei. Dabei schwebte ihnen als klassische Form des Kapitalismus stets die der freien Konkurrenzvor. Schon zu Lebzeiten Ricardos begannen sich Zweifel an der Richtigkeit dieser Anschauung zu regen. Die Entfaltung des Kapitalismus führte zur Entstehung von Krisen,deren erste — nach Abschluß der Napoleonischen Kriege 1815 — eine Diskussion in der wissenschaftlichen Welt hervorrief, die bis heute nicht zum Abschluß gelangt ist. Vor allem war es Sismondi [7],der schon damals in den Krisen einen Beweis für die Begrenztheit der schrankenlosen Entwicklung des freien Kapitalismus sah und der aus diesen Gründen der erste wissenschaftliche Verfechter der Sozialpolitik wurde. Aber auch in der Schule Ricardos selbst wurde der unbedingte Glaube an die absolute Geltung des ökonomischen Systems des Kapitalismus wankend. Entweder waren es — wie übri­gens auch bei Sismondi — historische Studien (zum Beispiel bei Richard Jones)oder ökonomische Einsichten (zum Bei­spiel bei Ramsay),die zur Aufgabe dieses Standpunktes zwangen, und Marx hat unzweifelhaft gerade diesen wenigen Männern sehr viel zu verdanken, die sich im Gegensatz zu den kritiklosen Nachbetern Ricardoscher Dogmen und den blinden Verteidigern der kapitalistischen Ordnung — den von Marx so bitter gehöhnten Vulgärökonomen und Apo­logeten, namentlich J. B. Sayund dem „unglaublichen Schuhflicker“ Mac Culloch —um eine Weiterbildung des Erbes der klassischen Ökonomie bemühten.

Zur selben Zeit wurde jedoch die Lehre Ricardos schon eine Waffe in der Hand des jungen Sozialismus,der an die Stelle der Konstruktion utopischer Systeme die ökonomische Ein­sicht zu setzen begann. Die Fourier [8], St. Simon [9] und Owen [10] wurden abgelöst von den Hodgskin.[11] und Thompson [12], deren Werke Marx eingehend studiert hat. Allen die­sen Vorläufern von Marx fehlte die Erkenntnis von der gesetzmäßigen Entwicklung der Wirtschaft, als deren not­wendige, aber ebenso notwendig zu überwindende Durch­gangsstufe der Kapitalismus zu betrachten ist. Marx war der erste, der die großen Stufen der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft in ihrem Zusammenhang erkannte. Der urkommunistisch organisierten Wirtschaft folgen orien­talische Despotie, antike Sklaverei und mittelalterlicher Feu­dalismus, freilich mit vielen Übergängen und Mischformen. So sehr auch die Forschung gerade auf diesem Gebiet seit Marx weiter vorgedrungen ist und obwohl sie manche Teil­ergebnisse Marxscher und Engelsscher Untersuchungen rich­tiggestellt hat — in seinen Grundzügen ist das System der beiden erhalten geblieben und von der Wissenschaft akzep­tiert worden.

Für Marx handelt es sich vor allem darum, festzustellen, welche wesentlichen Verschiedenheiten die kapitalistische Wirtschaftsweise gegenüber den übrigen Stufen aufweist. Als solche erscheinen ihm in erster Linie die folgenden: Die kapitalistische Produktion ist Warenproduktion,das heißt Produktion nicht für den eigenen Bedarf, sondern für den Markt.Diese kapitalistische Warenproduktion wird nicht von kleinen selbständigen Produzenten betrieben, die im Besitze der Produktionsmittel sind, wie etwa die mittel­alterlichen Handwerker, sondern von nicht arbeitenden Un­ternehmern, die über die Produktionsmittel verfügen und denen diese Verfügungsgewalt die Möglichkeit bietet, andre für sich arbeiten zu lassen und sie auszubeuten.Die Arbei­ter, die nach der Art ihrer Bezahlung Lohnarbeiterheißen, sind jedoch im Gegensatz zu Ausgebeuteten früherer Epo­chen (zum Beispiel der Sklaven und Hörigen) frei,und zwar im doppelten Sinn des Wortes: einmal juristisch freie und dann frei, das heißt ledig von jedem Besitz an Produktions­mitteln, so daß sie darauf angewiesen sind, beim Unterneh­mer Beschäftigung zu suchen. In innigem Zusammenhang mit diesen volkswirtschaftlichen Merkmalen steht das tech­nische: die Maschinewird zum Kennzeichen der kapitalisti­schen Wirtschaft.

Welche Probleme bieten sich also einer Untersuchung des Kapitalismus dar?

Es gilt vor allem, die Gesetze der Ware,ihrer Produktion und ihres Austausches klarzulegen. Marx geht deshalb vom Preisund vom Wertder Ware aus und untersucht, von welchen Faktoren die Höhe des Preises bestimmt ist. Zu seiner Zeit steckte die subjektive Wert- oder Grenznutzen­theorie, die die Bestimmung des Preises nicht in allgemein wirkenden gesellschaftlichen Gesetzen, sondern in den per­sönlichen Bedürfnissen und Meinungen des Einzelnen sucht, in ihren allerersten Anfängen. Damals galt die objektive Werttheorie der klassischen Nationalökonomie unbeschränkt, die die Arbeitals Maß des Wertes ansah. Marx konnte sich daher darauf beschränken, die Mängel dieser Theorie auf­zuzeigen und zu beseitigen, ohne daß er sich mit der Be­gründung eingehend beschäftigen mußte.

Daher rührt das unmittelbare Eingehen auf die Theorie selbst, das in der Gegenwart vielen Lesern allzu abrupt vor­kommt und deshalb entweder abschreckend wirken oder zu einer schematischen Auffassung des Wertgesetzes führen kann. Marx beschränkt sich in der Beweisführung für die Rich­tigkeit der objektiven Werttheorie auf den Gedanken, daß jede Ware zwei Eigenschaften besitze: die der Nützlich­keit,der der Gebrauchswert entspricht, und die, Produktmenschlicher Arbeitzu sein. Da der Gebrauchswert einer Ware aber je nach Zeit und Umständen, nach den persön­lichen Bedürfnissen und Verhältnissen der am Tausch betei­ligten Personen verschieden ist und deshalb nicht die Grund­lage des Preises sein kann, der ein von solchen Umständen unabhängiges, für alle Tauschenden gleiches, zahlenmäßig meßbares Tauschverhältnis ist, so muß die Arbeit, deren Menge an der Zeit gemessen wird, als Wertmaß dienen. Nach dieser Ableitung hat es den Anschein, als ob der Wert­begriff nur ein rein logischer Begriff sei, nur dazu be­stimmt, als Grundlage eines logisch konstruierten Gedan­kengebäudes zu dienen, so daß neben dieser „Arbeitshypo­these“ noch andere als gleichberechtigt angesehen werden können. Es ist daher auch der Versuch unternommen wor­den, die Marxsche Theorie mit andern, namentlich der Grenznutzentheorie zu „versöhnen“, obwohl diese keinen objektiven, sondern nur einen subjektiven Wertmaßstab an­erkennt, nämlich die Wertschätzung, die Anbietende und Nachfragende dem Gut beilegen.

Dieser Anschauung gegenüber ist zu betonen, daß der Wert im Marxschen Sinne ein historisch begrenzter Begriff ist, der nur in der kapitalistischen Wirtschaftsweise allgemeine Gültigkeit besitzt, da nur in ihr die Warenproduktion die herrschende Form der Produktion wird. Der Marxsche Wert ebenso wie der der klassischen Ökonomie gilt auch nur für Güter, die beliebig vermehrbar sind, während der sub­jektive Wert der Grenznutzentheoretiker für alle Güter gilt, auch solche, die sich nicht wieder produzieren lassen, wie zum Beispiel Werke großer Künstler, ja für solche, die nie produziert wurden, wie zum Beispiel Grund und Boden. Darin sehen die Grenznutzentheoretiker sogar einen Vorzug ihrer Theorie gegenüber der Marxschen. Gerade deshalb aber vermögen sie im besten Falle nur Gesetze des Tausches und des Marktes zu erklären, nicht aber die der Produktion, da sie von dieser absehen.

Es läßt sich auch ein wirtschaftsgeschichtlicher Beweis für die Richtigkeit der Arbeitswerttheorie führen. Jede weit­gehende maschinelle Verbesserung, wie wir sie in der Ge­genwart beispielsweise auf dem Gebiet der Kunstseide oder des Automobilbaus erleben, drückt sich in einer absoluten oder wenigstens relativen — im Verhältnis zu den andern Waren sich vollziehenden — Verbilligung aus. Diese tritt allerdings dort nicht zutage, wo die Produktionsbedingun­gen des Goldes sich gleichzeitig ebensosehr verbessern. Das Wesen der maschinellen Entwicklung ist aber die Arbeits­ersparnis,so daß einem Weniger an Arbeitsaufwand ein niedrigerer Preis entspricht — ebenso wie einem Mehr an Arbeit (zum Beispiel bei geringerem Nutzeffekt der Ar­beitsleistung bei Mißernten oder im Kriege) eine Preissteige­rung.

Freilich gehören zur restlosen Erklärung der Zusammen­hänge zwischen Arbeitsaufwand und Preis eine Fülle von Mittelgliedern, deren Aufdeckung wir Marx zu verdanken haben, deren Existenz aber in den Kapiteln über den Wert kaum angedeutet wird. Dadurch wird der Eindruck der rein gedanklich abstrakten Konstruktion vielfach noch ver­stärkt. Anderseits entsteht durch die Gleichsetzung von Preis und Wert, die durch die theoretische Auseinandersetzung nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar unumgänglich not­wendig ist, leicht der Eindruck, daß mit der Darstellung des Wertgesetzes nun auch alle Probleme der Wirklichkeit gelöst seien und daß man in der Welt der ökonomischen Wirklichkeit ebenso mit dem wertgleichen Preis hantieren und rechnen dürfe wie in der Theorie. Dieser Umstand er­hielt noch dadurch erhöhtes Gewicht, daß nur der erste Band des „Kapital“ von Marx selbst vollendet wurde und die Marxschen Anschauungen über die Verwandlung der Werte in die Preise noch drei Jahrzehnte nach Erscheinen des ersten Bandes — von 1867 bis 1894 — unbekannt blieben. Die Veröffentlichung des zweiten Bandes, die 1885 erfolgte, konnte hieran nichts ändern, da sich dieser mit andern Problemen befaßt.

So ist die Marxsche Werttheorie häufig in zweifacher Weise mißverstanden worden, entweder als reine Gedankenkon­struktion oder als bloße Widerspiegelung der Wirklichkeit. Beide Irrtümer haben aber die gemeinsame Wurzel, daß sie die Werttheorie allzusehr schematisieren, daß sie in den Ver­hältnissen des Marktes nur Verhältnisse von Sachen zueinander sehen. Es ist, als ob Marx dieses Mißverständnis vor­ausgesehen hätte und deshalb in demKapitel über den „Fe­tisch-Charakter“ der Ware eine Warnungstafel aufrichten wollte. Es hieße den Historiker Marx vollkommen mißver­stehen, wollte man in seinen Theorien die bloße Darstellung dinglicher Verhältnisse sehen und darüber vergessen, daß hinter den Dingen die Menschenstehen und daß alle ökono­mischen Verhältnisse nur sachliche Verkleidungen persön­licher Beziehungen sind.

Am notwendigsten ist diese Klarlegung bei der Betrachtung des Geldes,da in ihm und in seinem Verhältnis zur Ware die menschlichen Beziehungen am meisten veräußerlicht und versachlicht erscheinen. Die Marxsche Geldtheorie ist die konsequenteste Anwendung der Arbeitswerttheorie auf das Geldwesen, und sie ist heute praktisch von allen Staaten durch ihre Notenbankgesetzgebung anerkannt worden. Die metallische Grundlage des Geldwesens ist trotz mannigfacher Geldtheorien, die die reine Papierwährung und damit letz­ten Endes die Inflation rechtfertigen wollten und kläglich Schiffbruch erlitten, beibehalten oder besser gesagt wieder eingeführt worden.

Diese Anlehnung an das Gold, die namentlich im internatio­nalen Verkehr Bedeutung gewinnt, ist die praktische Aner­kennung der Marxschen Geld- und damit seiner Arbeits­werttheorie, weil durch sie zum Ausdruck gebracht wird, daß das Gold als „Maß der Werte“ anzusehen ist. Als solches kann es aber nur funktionieren, wenn sein Wert denselben Gesetzen wie der aller andern Waren unterliegt, denen es als Tauschmittel und allgemeines Äquivalent gegenübertritt. Es wird also durch den für seine Produktion notwendigen Arbeitsaufwand bestimmt, so daß sich Gold und Ware eben­so gegeneinander tauschen wie in Zeiten unentwickelter Wirtschaft Ware gegen Ware. Die Tatsache, daß Gold zum Geld wird, vermag an seiner Wertbestimmung nichts zu ändern.

Mit der Entwicklung des Warenaustausches entsteht der Handelals selbständige Funktion. Für ihn ist nicht wie beim einfachen Warenaustausch die Konsumtion, sondern der GewinnZweck des Tauschaktes. Nun entsteht folgendes Problem: Ware und Geld treten einander als Wertgleiches, als Äquivalente gegenüber. Diese Wertgleichheit muß be­stehen bleiben, soll das Wertgesetz nicht durchbrochen wer­den. Anderseits würde die Zirkulation, an deren Beginn der Händler Waren kauft, und an deren Abschluß er sie wieder verkauft, von ihm niemals begonnen werden, wenn er nicht an ihrem Ende über eine größere Geldsumme als am An­fang verfügte. Denn wenn sich dieser Überschuß nicht als Regel ergäbe, so würde sich der Geldbesitzer nicht in die Gefahren des Warenkaufs und -verkaufs begeben, da er die Ware nicht kauft, um sie als Gebrauchswert zu verwenden. Es entsteht also ein Widerspruch: das Wertgesetz, das den Warenaustausch reguliert, kennt nur den Tausch von glei­chenWerten, anderseits muß aber im Austausch eine Un­gleichheitzum Ausdruck kommen, damit er von den Kauf­leuten unternommen wird. Freilich kann die Zirkulation nicht Ursache dieser Ungleichheit sein, sondern die Un­gleichheit muß schon als Tatsache vorhanden sein, bevor die Waren in die Zirkulation eintreten, das heißt sie kann nur aus der Produktionstammen.

Damit das möglich sei, muß der Kapitalist eine Ware vor­finden, deren Gebrauchswert es ist, mehr Wert zu schaffen, als sie besitzt. Diese Ware ist die Arbeitskraft.Ihr Wert bestimmt sich wie der jeder andern Ware durch den Ar­beitsaufwand, der zu ihrer Produktion, und zwar zu ihrer ständig wiederholten Produktion, der Reproduktion, erfor­derlich ist. Die Reproduktion der Arbeitskraft ist aber die Erhaltung des Lebens des Arbeiters und seiner Nachkom­menschaft selbst, da der Arbeiter nicht dauernd arbeiten kann, ohne wenigstens seine notwendigsten Bedürfnisse zu decken. Der Wert der Arbeitskraft ist daher gleich dem Wert der Lebensmittel, die der Arbeiter verbraucht, und deren Wert hängt wiederum von der Arbeit ab, die zu ihrer Herstellung notwendig ist.

Auch diese Tatsache deutet auf die historische Bedingtheit des kapitalistischen Systems. Einen erheblichen Überschuß über die eigenen Erhaltungskosten kann die Arbeitskraft nur dann liefern, wenn die technischen Voraussetzungen ge­geben sind, das heißt die Technikhoch genug entwickelt ist.

Gleichzeitig aber bietet diese Tatsache die Erklärung für die Eigentümlichkeit der kapitalistischen Ausbeutung, die ohne Beeinflussung der juristischen Freiheit des Lohnarbei­ters vor sich geht. Der Arbeiter erhält den Wert seiner Ar­beitskraft in der Form des Lohnes, er muß aber dem Ka­pitalisten, der ihn an seinen Produktionsmitteln beschäf­tigt, einen größeren Wert in Form neugeschaffener Pro­dukte liefern; mit andern Worten: er arbeitet nur einen Teil des Tages zur Reproduktion des Wertes seiner Arbeits­kraft, den andern Teil für den Kapitalisten zur Erzielung von Mehrwert.

Er tut dies nur dort, wo er nicht über die Produktions- mittel verfügt, die zu seiner Arbeit erforderlich sind. Neben der Höhe der Technik ist das Bestehen einer besitzlosen Klasse von Arbeitern neben Geldbesitzern, von Proletariern neben Kapitalisten, die zweite historische Vorbedingung der kapitalistischen Produktionsweise.

Die Entwicklung der Gesetze der Mehrwertproduktion füllt den größten Teil des ersten Buches aus. Diese Abschnitte haben auch in der öffentlichen Diskussion stets die bedeu­tendste Rolle gespielt. Marx hat seine Theorie durch eine Fülle von Tatsachen, die er den englischen amtlichen Ver­öffentlichungen entnahm, illustriert und zwei Hauptme­thoden der Vergrößerung des Mehrwerts herausgearbeitet: den absolutenMehrwert, der durch Verlängerung des Ar­beitstages, und den relativenMehrwert, der durch Mecha­nisierung und Rationalisierung der Produktion erzielt wird. Wir haben in unserer Ausgabe die umfangreichen Tatsachen­berichte erheblich gekürzt und nur die theoretischen Aus­führungen belassen, nicht weil jene veraltet oder überholt wären — manche Abschnitte über den relativen Mehrwert könnten in der gegenwärtigen Rationalisierungsdebatte ge­schrieben sein —, sondern weil sie uns im Verhältnis zum theoretischen Zusammenhang eher entbehrlich schienen. Die Methoden des relativen Mehrwerts führen zur Entwick­lung der Maschine, die den lebendigen Produktionsfaktor, die Arbeitskraft, hinter den Produktionsmitteln zurück­treten läßt. Damit wächst der Wertteil, der nur aus schon früher vorhandenem Wert besteht und auf das neue Produkt übertragen wird: nämlich der Wert der Maschinen, Rohstoffe usw. — von Marx konstantesKapital genannt —gegenüber dem Wert, der zum Kauf lebendiger Arbeits­kraft verausgabt wird — von Marx variablesKapital genannt, da die im Produktionsvorgang tätige Arbeit nicht nur den eigenen Wert reproduziert, sondern auch neuen Wert, den Mehrwert schafft. Das bedeutet aber, daß jeder Unternehmer ein ständig wachsendes Kapital festlegen muß, um der Kon­kurrenz standhalten zu können, die stets zur Anwendung neuer Methoden zwingt. Die zur Betreibung eines kapita­listischen Unternehmens notwendigen Kapitalien wachsen, der Kapitalist muß Kapital anhäufen, akkumulieren,um der Entwicklung zu entsprechen.

Bald übersteigt der Umfang der kapitalistischen Produk­tion die Kräfte des einzelnen; der Zusammenschluß, die Zentralisation des Kapitals in Aktiengesellschaften, Kar­tellen, Trusts usw. wird die Regel. Dadurch entsteht eine ungeheure Zusamenballung der Kapitalsmacht in wenigen Händen, denen gegenüber die Masse der übrigen Bevölke­rung in Lohnarbeiter, in besitzlose Proletarierverwandelt wird, die durch die ständig erneuerte industrielle Revolution von einem Punkt der Produktion zum andern geschleudert, periodisch angezogen und durch Krisen abgestoßen und zum großen Teil in die Reihen der überall verwendbaren industriellen Reservearmeeversetzt wird, die nur in den Zeiten angespanntester Produktion voll Verwendung findet. Das erste Buch des „Kapitals“ schließt mit einer Schil­derung der „ursprünglichen Akkumulation“,wie Marx den geschichtlichen Vorgang nennt, der die Vorbedingungen des Kapitalismus schuf: der Konzentration großer Vermögen einerseits und der Schaffung eines besitzlosen Proletariats anderseits.

Wie man sieht, behandelt das erste Buch die kapitalistische Produktion.Der einzige Vorgang der Zirkulation, der ein­gehend behandelt wird, ist der des Kaufes der Arbeitskraft. Dagegen wird der Verkauf der Waren, der nicht nur dem Kapitalisten das in Produktionsmitteln und Arbeitskraft an­gelegte „vorgeschossene“Kapital wiederbringen, sondern da­zu den neugeschaffenen Mehrwert in Geld verwandeln, „realisieren“soll, als selbstverständlich vorausgesetzt, eben­so wie die zahlreichen Verwandlungen, die das Kapital selbst durchmachen muß, um dauernd Mehrwert produzieren und realisieren zu können.


Während wir also das Kapital im ersten Buche nur allge­mein als „Mehrwert heckenden Wert“kennenlernen, ver­folgen wir im zweiten seinen Kreislauf durch die verschiede­nen Stadien. Das Kapital muß ständig drei Formen anneh­men und wieder abstreifen, um fungieren und sich verwerten zu können, und zwar die des Geld-,des produktivenund des Warenkapitals.Stets verwandelt sich das Geldkapital in die Elemente des Produktionsprozesses: Arbeitskraft und Pro­duktionsmittel, und als das Ergebnis ihrer Funktion er­scheint die mit Mehrwert versehene Ware, die wiederum in Geld verwandelt wird. Stets sind es Akte der einfachen Warenzirkulation: Kauf und Verkauf, die sich vollziehen; stets treten einander Ware und Geld gegenüber, aber die besondere Funktion der Akte als Durchgangsstufen des Ka­pitalkreislaufes macht aus ihnen Kapitalfunktionen, macht aus einer Geldsumme Geldkapital, verwandelt Waren ent­weder in produktives oder in Warenkapital. Nicht die sach­liche Beschaffenheit verleiht ihnen diesen Charakter, son­dern die ökonomischen und historischen Bedingungen, unter denen sich der Vorgang abspielt. Geld ist von Natur aus ebensowenig Kapital wie der Arbeiter moderner Lohn­arbeiter oder Sklave.

Marx lehrt uns das Kapital in seiner Bewegung kennen, ja mehr noch, er lehrt uns erkennen, daß die ständige Be­wegung das Lebenselement des Kapitals ist, daß jede Stockung des kapitalistischen Prozesses zu einer Krise wird und daß das Kapital überhaupt nur als dauernder Bewe­gungsvorgang begriffen werden kann. Damit der ununter­brochene Ablauf, die Kontinuität der Bewegung gesichert ist, muß das Kapital nicht nur hintereinander die drei For­men annehmen und abstreifen, es muß sich auch in allen zugleich befinden, weil sonst der Produktionsprozeß unter-

brochen werden müßte, bis der Verkauf der Waren und der Wiedereinkauf der Produktionselemente vollzogen ist. Durch die Verschiedenartigkeit des Kapitalkreislaufes, des ‚Umschlags‘ des Kapitals, entstehen Modifikationen des Mehr­wertgesetzes, die die Einsicht in das kapitalistische Getriebe wesentlich erschweren. Für die Schaffung von Wert und Mehrwert kommt nur die Arbeitskraft, von dem vorge­schossenen Kapital also nur der variable Teil in Betracht, während der Wert der Produktionsmittel, also das kon­stante Kapital, im Wert des neuen Produktes ohne Ver­änderung wiedererscheint. Im Umschlag tritt dagegen ein anderer Unterschied hervor. Das konstante Kapital zerfällt in zwei Abteilungen, deren Wertübertragung in verschie­dener Weise vor sich geht. Die Rohmaterialien, Hilfsstoffe (wie Kohle, Öl usw.) und einige andere Produktionsmittel werden in einem Produktionsvorgang ganz verbraucht; ihr Wert geht vollständig in den des neuen Produktes ein und wird ebenso vollständig durch seinen Verkauf ersetzt. An­ders verhalten sich die Arbeitsmittel (Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Gebäude usf.), die zwar ganz bei der Produk­tion mithelfen, deren Wert aber innerhalb eines Produk­tionsvorganges nur teilweise in den des Produktes über­geht, weil sie in einer Reihe von Produktionsvorgängen hintereinander tätig sind und ihren Wert entsprechend ihrer Abnützung auf die Produkte übertragen. Das variable Kapi­tal, der Wert der lebendigen Arbeitskraft, verhält sich im Umschlag wie die Rohmaterialien usw.: es geht vollständig in den des neuen Produktes ein, so daß man diese beiden Arten als zirkulierendesKapital zusammenfaßt, im Gegen­satz zu den Arbeitsmitteln als fixesKapital.
Je nach der Art des Produktes ergeben sich Verschieden­heiten in der Größe und Dauer des Kapitalvorschusses. Es gibt Waren, wie zum Beispiel Garne, deren Produktions­dauer gering ist und die in kleinen Mengen fortwährend auf den Markt geworfen werden können, so daß das in ihnen enthaltene zirkulierende Kapital rasch in die Hände des Unternehmers zurückfließt und von neuem verwendet wer­den kann, während der Bau von Maschinen oder Loko­motiven wochen- und monatelang dauert und das aufgewen dete Kapital erst nach geraumer Zeit wieder zu seinem Eigentümer zurückkehrt. Da das variable Kapital, das zum Kauf der Arbeitskraft dient, einen Teil des zirkulierenden bildet, braucht der erste Fabrikant, auf einen längeren Zeit­abschnitt, zum Beispiel ein Jahr berechnet, nur eine ge­ringere Kapitalsumme als variables Kapital zu verwenden als der zweite; denn der erste Kapitalist kann das variable Kapital früher aus dem Verkauf seiner Ware ersetzen als der zweite. Wenn man nun annimmt, daß in den beiden Industriezweigen Arbeiter einen gleich großen Mehrwert schaffen, so wird die Mehrwertmasse in ihnen die gleiche sein. Dann würde aber der erste Unternehmer mit einem geringeren Kapitalvorschuß den gleichen Mehrwert erzielen wie der zweite mit einem größeren.

Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zur Wirklichkeit, da der Kapitalist normalerweise auf einen gleich großen Ka­pitalvorschuß auch einen gleich großen Gewinn erwartet Wir werden später sehen, daß dieser Widerspruch zwischen der theoretischen Grundlage und der Erscheinung keines­wegs der einzige ist, und seine Lösung noch zu betrachten haben.

Den letzten Abschnitt des zweiten Buches bildet die Unter­suchung des Kreislaufs des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.Dieser Abschnitt zählt zu den wichtigsten, aber auch zu den schwierigsten des ganzen Buches. Bei der Betrachtung des Einzelkapitals konnte und mußte davon abgesehen werden, welches Produkt es herstellte. Nunmehr muß zu der rein wertmäßigen Betrachtung auch die stoffliche treten; denn die kapitalistische Wirtschaft, so sehr das Streben des Ein­zelkapitalisten auch lediglich auf den Gewinn gerichtet sein mag, hat schließlich doch die Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen, da deren Existenz Grundlage und ihre Be­friedigung Zweck jeder Wirtschaft ist.

Die Existenz der kapitalistischen Gesellschaft beruht wie die jeder andern darauf, daß durch den Gesamtkreislauf stoff­lich die Verteilung des Gesamtproduktes in der Weise durchgeführt wird, daß die fortwährende Erneuerung der Produktion sichergestellt ist. Dieses Problem wird in der kapitalistischen Produktion noch dadurch kompliziert, daß

der Prozeß durch Kauf und Verkauf auf Grundlage des Wertgesetzes zu vollziehen ist. Es müssen also nicht nur die Unternehmer so viel Geld durch den Verkauf ihrer Pro­dukte erlösen, daß sie ihre Produktionsmittel (Maschinen, Werkzeuge, Gebäude, Roh- und Hilfsstoffe und ähnliches) erneuern, ihre Arbeiter bezahlen können und ihren Mehr­wert zur Verfügung haben, sondern die gesellschaftliche Produktion muß auch so eingerichtet sein, daß die not­wendigen Produktionsmittel in der erforderlichen Form und Gestalt vorhanden sind, daß die Arbeiter ihren Lohn in hinreichende Lebensmittel umsetzen können, daß die Kapitalisten die erforderlichen Produkte vorfinden, um ihren Mehrwert in Lebensmittel, Luxusartikel oder — wenn sie ihn akkumulieren — Produktionsmittel für eine ver­größerte Produktion zu verwandeln.

Um das Problem zu vereinfachen, sieht Marx zunächst von der Akkumulation ab und nimmt einfache Reproduktion an, bei der der gesamte Mehrwert vom Kapitalisten kon­sumiert wird. Es ergibt sich dann zunächst die Frage, wie das Leben der Gesellschaft sichergestellt wird, wobei Marx der Einfachheit halber die Gesellschaft nur aus Kapitalisten und Lohnarbeitern bestehen läßt, da das Einkommen der andern Bevölkerungsschichten von dem der unmittelbar an der Produktion beteiligten Personen abgeleitet wird. Es muß aber nicht allein die je nach der sozialen Lage der Bevölke­rung, der Klassenscheidung und ähnlichen Umständen er­forderliche Lebensmittelmenge vorhanden sein, sondern vor allem auch der Wertdieser Lebensmittel dem variablen Ka­pital und dem Mehrwert entsprechen, die für Zwecke des Konsums bestimmt sind. (Wir sprechen hier immer von der ganzen Gesellschaft, so daß unter „variablem Kapital“ die Summe der variablen Einzelkapitale und unter „Mehrwert“ die Summe aller einzelnen Mehrwerte verstanden ist.) An­derseits muß die Wertsumme der verbrauchten Produktions­mittel wieder ersetzt werden, damit die Produktion in den nächsten Perioden ungestört vor sich gehen kann.

Das gesellschaftliche Gesamtprodukt besteht also wertmäßig aus dem Wert, der dem Wert des aufgewandten konstanten plus variablen Kapitals plus dem Mehrwert entspricht — aus dem Wert der verbrauchten Produktionsmittel und an­gewandten Arbeitskraft und dem neu erzeugten Mehrwert — wie jedes einzelne Produkt in der kapitalistischen Wirt­schaft. Hier beginnt aber der Unterschied. Infolge der Ar­beitsteilung produzieren die einzelnen Kapitalisten entweder Mittel für den persönlichen Konsum oder Produktionsmittel, so daß das in der Konsumtionsmittel-Produktion verbrauchte konstante Kapital nach Vollendung der Produktion die Form von Konsumtionsmitteln, das in der Herstellung von Produk­tionsmitteln verbrauchte variable Kapital und der dort er­zielte Mehrwert die Form von Produktionsmitteln besitzt. So verfügt ein landwirtschaftlicher Betrieb vor Beginn der Produktion nicht nur über Lebensmittel, sondern auch über Produktionsmittel — außer dem Saatgut vor allem über Dün­ger, Maschinen, Pflüge, Arbeitstiere und anderes mehr —, das Produkt aber besteht nur aus Konsumtionsmitteln, in deren Wert der der verbrauchten Produktionsmittel enthalten ist. Umgekehrt verhält es sich zum Beispiel in einem Eisenwerk, dessen Erzeugnisse nur als Produktionsmittel verwendet werden können, dessen Arbeiter aber ohne den Konsum von Lebensmitteln ihre Tätigkeit nicht verrichten könnten; der Wert dieser verzehrten Konsumtionsmittel ist im neuen Pro­dukt enthalten, wenn es auch die Form eines Produktions­mittels — in diesem Fall des Eisens — angenommen hat. Es muß also ein Austausch stattfinden, damit die in den Produktionsmittel-Industrien tätigen Arbeiter und Kapita­listen mit Konsumtionsmitteln und umgekehrt die Konsum­tionsmittel-Industrien mit Produktionsmitteln versehen wer­den. Dieser Austausch kann nur dann reibungslos vollzogen werden, wenn die beiden ausgetauschten Produktenmengen wertmäßig gleich sind, mit andern Worten, wenn das in der Konsumtionsmittel-Produktion verbrauchte konstante Kapi­tal gleich ist dem variablen Kapital plus Mehrwert in der Herstellung von Produktionsmitteln.

Die Akkumulation, die Anhäufung von Kapital, ändert grundsätzlich nichts an der Gültigkeit dieses Gesetzes. Akku­mulation heißt nichts anderes, als daß der Kapitalist einen Teil des Mehrwerts nicht verzehrt, sondern in Kapital ver­wandelt, um aus dem nächsten Kreislauf einen erhöhten

Mehrwert herauszuziehen. Er muß zu diesem Zweck zusätz­liche Produktionsmittel kaufen und Arbeiter neu einstellen. Dadurch verschieben sich zwar die Größenverhältnisse zwi­schen den einzelnen Zweigen der Produktion, aber die Not­wendigkeit des Austausches und damit auch die der Wert­gleichheit zwischen den Produkten der großen Gruppen der Produktion bleibt bestehen.

Mit der Aufdeckung dieses Gesetzes ist aber der Kreislauf des Gesamtkapitals noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Auch innerhalb der beiden Abteilungen der Gesamtproduk­tion muß ein Austausch stattfinden, da Verschiedenheiten bestehen (zum Beispiel zwischen notwendigen Lebensmitteln und Luxusartikeln sowie zwischen den einzelnen Zweigen der Produktionsmittel-Industrien); es müssen infolgedessen bestimmte Verhältnisse in der Wert- und Stoffverteilung aufrecht erhalten werden. Der Marxsche Ausdruck für diese Verhältnismäßigkeit heißt „Proportionalität“.Die Klar­legung der Notwendigkeit der Proportionalität ist zugleich die Basis jeder wissenschaftlichen Krisentheorie,die Marx freilich nur in Ansätzen und in verstreuten Bemerkungen gibt, ohne sie zu einem einheitlichen Ganzen zusammen­zufassen.


War im ersten Buch die Produktion als das Wesentliche und die Zirkulation nur als ein Vermittlungsstadium und um­gekehrt im zweiten Buch die Zirkulation als das Wesentliche und die Produktion nur als Vermittlungsstadium angesehen worden, so stellt das dritte die Einheit beider dar. Der Aus­gangspunkt der Untersuchung war der Preis.Zunächst war der Faktor aufgedeckt worden, der letzten Endes preis­bestimmend wirkt: der Wert, und aus diesem wurden dann die kapitalistische Form der Ausbeutung: der Mehrwert, und die Gesetze der technischen Entwicklung, der Akkumulation und des Kreislaufs des Kapitals mit seinen Eigentümlich­keiten und Störungsmöglichkeiten abgeleitet. Dabei haben wir schon im Umschlag einen Faktor kennengelernt, der eine Abänderung des Mehrwertgesetzes herbeiführen muß.

Nunmehr macht uns Marx mit einem weiteren wichtigen Faktor bekannt, der den letzten Schritt auf dem Wege von der Abstraktion zur Wirklichkeit darstellt. Die theoretische Kategorie des Wertes interessiert den Kapitalisten nicht, kommt ihm vielfach garnicht zum Bewußtsein. Was ersieht, ist der Kapitalvorschuß,den er machen mußte, um die Pro­duktion einer bestimmten Ware herbeizuführen. Dieser setzt sich zusammen aus dem konstanten und dem variablen Kapital und stellt für ihn die Kosten der Ware dar. Er be­rechnet den dabei erzielten Mehrwert nicht im Verhältnis zu dem von ihm aufgewandten Kapital, sondern nur den Überschuß,den er beim Verkauf der Ware über seine ge­samten Kosten erzielt, den Profit.In jedem Produktions­zweig muß auf die Dauer ungefähr der gleiche Profit —auf die gleiche Kapitalmenge berechnet — erzielt werden, wie verschieden auch die aufgewandten variablen und kon­stanten Kapitale und die produzierten Mehrwerte sein mö­gen. Damit ist bei freier Konkurrenz ein neuer Faktor in der Preisbestimmung und die Möglichkeit nicht nur ge­legentlicher, sondern ständiger Abweichungen der Preise von den Werten gegeben.

Wert- und mehrwertbildend ist nur die menschliche Arbeit. Wenn also die Technik so weit gediehen ist, daß die Zusam­mensetzung der Einzelkapitale aus konstantem und varia­blem wesentliche Unterschiede aufweist, so wird natürlich die in den einzelnen Produktionszweigen erzeugte Mehr­wertmasse im Verhältnis zu gleich großen Mengen Gesamt­kapital ganz verschieden groß sein. Beschäftigt doch die Schwerindustrie, auf die Kapitaleinheit bezogen, ungleich weniger Arbeiter als beispielsweise die Landwirtschaft.

Der Mehrwert interessiert den Kapitalisten ebensowenig wie der Wert. Jeder Kapitalist erwartet vielmehr einen gleichen Gewinn, nicht auf das vorgeschossene variable, sondern auf das vorgeschossene Gesamtkapital.Den Mehrwert, bezogen auf das Gesamtkapital, nennt Marx den Profitund das zahlenmäßige Verhältnis beider zueinander die Profitrate.Diese wird also bestimmt nicht nur durch die Größe des Mehrwerts, sondern auch des Gesamtkapitals. Je größer die­ses im Verhältnis zur angewendeten Arbeitskraft, je stärker die Verwendung von arbeitsparenden Maschinen, die größere Mengen von Rohmaterial zu verarbeiten vermögen, mit an­dern Worten, je höher der Grad der kapitalistischen Ent­wicklung, um so niedriger die Profitrate bei gleichbleiben­der Mehrwertrate; denn der Wert der sachlichen Produk­tionselemente wird auf das neue Produkt nur übertragen, die Arbeitskraft, zu deren Ankauf das variable Kapital dient, schafft allein Neuwert, also Mehrwert. Geht der Anteil des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten: zu den Produktionsmitteln, zurück, so sinkt der Neuwert im Ver­hältnis zum schon vorhandenen und übertragenen Wert, sinkt also auch das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamt­kapital, die Profitrate.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß historisch gesehen diese Tendenz der sinkenden Profitrateständig wirksam ist und daß sie den Kapitalismus dazu drängt, alle Methoden anzu­wenden, um diese Tendenz nicht übermächtig werden zu lassen. Hierher gehören vor allem die Mittel der Erzeugung relativen Mehrwerts, also die Methoden der Arbeits-Intensi­vierung und der Rationalisierung, dann aber auch die Wert­verringerung des konstanten Kapitals selbst, weil dadurch das Verhältnis zwischen konstantem und variablem Kapital zugunsten des variablen Teils verschoben wird, und die Er­schließung neuer Gebiete mit vorkapitalistischer Wirtschafts­weise durch den auswärtigen Handel und die Kolonialpoli­tik, weil in diesen Gebieten die Anwendung frühkapita­listischer Methoden mit stärkster Anspannung der Arbeits­kraft und damit eine Erhöhung der Profitrate möglich ist, die wiederum auf die alten kapitalistischen Länder zurück­wirkt.

Aber diese Entwicklung hebt die Verschiedenheit der Kapital­zusammensetzung nicht auf und bietet uns daher keinen An­haltspunkt zur Lösung des Problems der dauernden Ab­weichung der Preise von den Werten. Die Lösung ist viel­mehr nur auf folgende Weise möglich: Die technische und ökonomische Entwicklung schafft eine durchschnittliche Ka­pitalzusammensetzung aus dem konstanten und variablen Teil (organischeZusammensetzung nennt sie Marx), die sich ständig verändert, in jedem Augenblick aber eine gegebene Größe ist. In den Produktionszweigen, in denen die Zusammensetzung dem Durchschnitt entspricht, besteht keine Tendenz nach dauernder Abweichung des Mehrwerts vom Profit und damit auch des Wertes vom Preis. Das Verhältnis des Mehrwertes (oder Profits) zum Gesamtka­pital ergibt in diesen Produktionszweigen eine Durch­schnittsprofitrate.Diese gilt nun auch für die übrigen Zweige. In Industrien mit relativ hohem konstanten und geringem variablen Kapital wird der Durchschnittsprofit höher sein als der Mehrwert, der in ihnen bei starrer An­wendung des Wertgesetzes produziert würde; in Industrien mit unterdurchschnittlichem konstanten und überdurch­schnittlichem variablen Kapital ergibt sich das Umgekehrte. Hierdurch entstehen naturgemäß dauernde Abweichungen der Preise von den Werten; aus den Werten werden nach dem Marxschen Ausdruck die Produktionspreise,die nun nicht mehr aus konstantem plus variablem Kapital plus Mehrwert, sondern aus Kapitalvorschuß plus Durchschnittsprovit be­stehen. Die Vermehrungen und Verminderungen müssen sich gegenseitig aufheben, so daß sich bei Betrachtung des Gesamtkapitals die Durchschnittsverhältnisse darstellen. Man hat gegen diesen Teil der Marxschen Darstellung vieles eingewendet und hat behauptet, dieser Schluß bedeute eigentlich die Aufhebung des Wertgesetzes, ja es wurde so­gar der Verdacht ausgesprochen, Marx habe nur deshalb den dritten Band nicht selbst herausgegeben, weil er einen Miß­erfolg vorausgesehen habe. Auf diese Einwendungen ist zu erwidern, daß in jeder Wissenschaft die Tatsache bekannt ist, daß theoretische Gesetze nicht rein in die Wirklichkeit übersetzt werden können, sondern daß sie dabei Abände­rungen erfahren. Aber niemand wird zum Beispiel aus der Tatsache, daß eine Kanonenkugel zunächst aufwärts fliegt, die Aufhebung des Gesetzes der Schwerkraft folgern, ebenso­wenig wie der Luftwiderstand oder andere Einflüsse, die die Flugbahn wesentlich beeinflussen, mehr sein können als bloße Modifikationen, die das Grundgesetz nicht aufheben. Würde man aber das Wertgesetz überhaupt nicht in Betracht ziehen, sondern als den preisbestimmenden Faktor die Pro­duktionskosten und den Profit als einen Aufschlag betrach ten, so ergibt sich die unlösliche Frage, was die Höhe dieses Aufschlags bestimmt. Wenn man das Einkommen der Kon­sumenten als Erklärung herangezogen hat, so ist darauf zu erwidern, daß das entweder vom Preis abhängt, da der Lohn einen Teil der Produktionskosten bildet, oder selber aus dem Profit, also aus dem zu erklärenden Faktor herstammt; dabei ist es gleichgültig, ob der Konsument selbst produk­tiver Arbeiter ist oder als Kapitalist Anspruch auf Profit hat oder in Form von Renten, Beamtengehältern usw. auf dem Wege von Steuern, gesetzlichen Versicherungsbeiträgen und ähnlichem ein von den beiden ursprünglichen Einkommens­quellen abgeleitetes Einkommen bezieht. Dasselbe Problem entsteht bei der Bestimmung der Produktionskosten, die nichts anderes sind als eine Summe von Preisen, die ihrer­seits wieder auf andere Produktionskosten zurückgehen usw. Das Wertgesetz ist der große Rahmen, innerhalb dessen sich das kapitalistische Getriebe abspielt. Würde man ihn ent­fernen, so ließe man das Ganze auseinanderbrechen, so daß sich schließlich überhaupt keine einheitliche Erklärung, son­dern höchstens noch eine Beschreibung der Tatsachen geben ließe.

Daß man mit dieser allein gerade beim Kapitalismus nicht allzu große Resultate erzielen kann, geht aus den ab­schließenden Kapiteln des Buches hervor, in denen Marx die Spaltung des Mehrwerts in seine einzelnen Teile be­handelt. Die Tendenz der kapitalistischen Entwicklung ist die Versachlichung und Veräußerlichung jedes gesellschaft­lichen und ökonomischen Verhältnisses. Nicht mehr die Menschen erscheinen als die Träger der Wirtschaft, sondern die Dinge. Es wird Eigenschaft des Kapitals, Profit zu tragen, gleichgültig, ob es produktiv oder in der bloßen Vermittlung zwischen Verkäufern und Käufern als Handels­kapitaltätig ist. Marx zeigt, daß der kaufmännische Profit nur ein Teil des in der Produktiongeschaffenen Mehrwerts sein kann, da die reine Vermittlungstätigkeit — zum Unter­schied vom Transport — nicht wertbildend zu wirken ver­mag, wenn auch die stets weiterdrängende Arbeitsteilung die Verrichtung der Vermittlungsfunktionen durch besondere Personen notwendig macht.

Am vollkommensten ist die Verwischung der ökonomischen Zusammenhänge beim Zins,das heißt der Vergütung, die ein tätiger Kapitalist für die Inanspruchnahme einer Geld­summe an deren Besitzer zahlen muß. Die oberste Grenze für den Zins bei produktivem Kredit, nicht Notstandskredit, ist der Profit, die unterste ist Null; dazwischen schwankt er je nach Angebot und Nachfrage, ist aber in jedem Augen­blick eine eindeutig bestimmte Größe, die viel deutlicher in Erscheinung tritt als die Durchschnittsprofitrate, die nur als Tendenz unter ständigen Schwankungen wirkt.

Der Zins wird mehr und mehr die Form, die der Profit annimmt, namentlich seitdem der Einzelkapitalist durch die Aktiengesellschaft verdrängt wird. Dadurch wird der An­schein erweckt, als ob es eine Naturgabe des Kapitals wäre, Zins zu tragen, und als ob der dem tätigen Kapitalisten nach Abrechnung des Zinses verbleibende Rest des Profits, der Unternehmergewinn,das Resultat seiner eigenen Arbeit sei, so daß der Ursprung des Profits, die Mehrarbeit des Lohnarbeiters, vollkommen verdunkelt wird.

In die Form des Zinses wird auch der dritte Teil des Mehr­werts gepreßt: die Grundrente.Sie entsteht dadurch, daß infolge des Monopolbesitzes an günstigeren Produktions­bedingungen als die durchschnittlichen dem Monopolbesitzer ein Sondergewinn zufließt; dieser sichert vor allem in der Landwirtschaft den Besitzern fruchtbarer oder günstig ge­legener Grundstücke größere Einkünfte, als sie den Besitzern weniger fruchtbarer oder ungünstiger gelegener Grundstücke zufließen.

Auf diese Weise erscheinen drei Einkommensquellen: Ka­pital als Quelle von Profit oder Zins, Boden als Quelle der Rente, Arbeit als Quelle des Lohnes, und die Preise werden als eine Summe dieser drei Faktoren betrachtet. Alle Be­ziehung der Menschen als ökonomischer Personen zueinan­der ist aber dann, bei einer solchen Auffassung, ver­schwunden, die Fähigkeit, ein Einkommen zu gewähren, scheint den drei Kategorien Kapital, Boden, Arbeit von Natur aus gegeben, und ebenso wie man Naturgewalten nicht die Stirn bieten kann, ebenso scheint es für die Menschen das beste, die Naturgesetze des Kapitalismus frei wirken zu lassen, ohne sie zu stören. Dann würde sich schließlich von selbst die Harmonie der Interessen aller herausstellen.

Das war die Ansicht der zur Zeit von Marx herrschenden Schule der Nationalökonomie. Keiner hat so wie er die Un­richtigkeit ihrer Anschauungen nachzuweisen verstanden und die Grundlinien der Entwicklung klargelegt. Heute ist der von ihm bekämpfte Liberalismus tot, die von ihm vorausgesagte Konzentration und Zentralisation des Kapitals in einem Maße eingetreten, wie er es vor zwei Menschenaltern bei Niederschrift seines Werkes vielleicht kaum erwartet hat. An den Grundzügen seiner Untersuchung ist durch die Ent­wicklung nichts geändert worden. Möge es der vorliegenden Ausgabe gelingen, das Wesentliche seiner Darstellung wei­teren Kreisen zugänglich zu machen und zu einem tieferen Eindringen in seine Lehren anzuspornen.

Wien, Sommer 1929
Dr. Benedikt Kautsky

 


 

Fußnoten

[1] Zuerst hat Karl Kautskyin seiner Schrift „Die historische Lei­stung von Karl Marx“ hierauf aufmerksam gemacht.

[2] Vgl. Bd. I, S. 10 f. unserer Ausgabe.

[3] In dieser kurzen Skizze, deren Zweck nur die Schilderung der Umstände war, unter denen das „Kapital“ entstanden ist, war es unmöglich, den Lebensgang von Marx eingehend und lückenlos zu schildern. Der Leser, der hierfür Interesse hat, sei auf Karl Vor­ländersjüngst erschienenes Werk „Karl Marx“ und auf Franz Mehringsanläßlich des 100. Geburtstages von Marx veröffentlichte Biographie „Karl Marx, Geschichte seines Lebens“ verwiesen. Na­mentlich bei Vorländer findet sich die weitere Literatur nach dem neuesten Stande angegeben. Die Lebensbeschreibung von Friedrich Engels – aus der Feder Gustav Mayers– reicht leider nur bis 1851.

[4] Der Leser, der sich für diesen Gegenstand besonders interessiert, sei auf das Werk „Die materialistische Geschichtsauffassung“ von Karl Kautskyverwiesen.

[5] Adam Smith,englischer Philosoph und Nationalökonom, 1723 bis 1790. Begründer der „klassi­schen“ Nationalökonomie, deren Grundsätze er in seinem „Reich­tum der Nationen“ 1776 darlegte.

[6] David Ricardo,1772 bis 1823, neben Smith der bedeutendste englische Vertreter der klassischen Nationalökonomie. Sein Hauptwerk sind die „Grund­sätze der politischen Ökonomie“, 1817.

[7] Jean Charles Leonard Simonde de Sismondi,1773-1842, Histo­riker und Nationalökonom, italienischer Herkunft, verbrachte den größten Teil seines Lebens in Genf. Sein ökonomisches Hauptwerk „Neue Grundsätze der politischen Ökonomie“ (1819) macht ihn zum Vorläufer der modernen Sozialpolitik.

[8] Francois Marie Charles Fourier,1772-1837, französischer Sozia­list. Seine Ideen sind am besten zusammengefaßt in seinem Werk „Die neue industrielle und sozietäre Welt“ (1824).

[9] Claude Henri de Rouvray, Graf von Saint Simon,1760-1825, französischer Sozialist. Sein Hauptwerk „Neues Christentum“, 1825.

[10] Robert Owen,1771-1858, englischer Sozialist und Sozialpoli­tiker, versuchte die Durchführung seiner Ideen in der Gründung von sozialistischen Kolonien, die jedoch fehlschlugen.

[11] Thomas Hodgskin,englischer Sozialist, 1787-1869. Hauptwerk: „Verteidigung der Arbeit gegen die Ansprüche des Kapitals“, 1825.

[12] William Thompson,1785-1833, schrieb „Eine Untersuchung der Grundsätze der Reichtumsverteilung“, 1824.

Ähnliches: 

„Die Untersuchungsmethode, deren ich mich bedient habe (…), macht die Lektüre der ersten Kapitel ziemlich schwierig...“

London, 18. März 1872 An den Bürger Maurice La Châtre Werter Bürger!

„…auf mich fiel nun die Pflicht, die Herausgabe sowohl dieser dritten Auflage wie des handschriftlich hinterlassenen zweiten Bandes zu besorgen.“

Es war Marx nicht vergönnt, diese dritte Auflage selbst druckfertig zu machen. Der gewaltige Denker, vor dessen Größe sich jetzt auch die Gegner neigen, starb am 14. März 1883.

„‚Das Kapital‘ wird auf dem Kontinent oft ‚die Bibel der Arbeiterklasse‘ genannt.“

Die Veröffentlichung einer englischen Ausgabe des „Kapital“ bedarf keiner Rechtfertigung. Im Gegenteil, es kann eine Erklärung darüber erwartet werden, warum diese englische Ausgabe bis jetzt verzögert worden ist, wenn man sieht, daß seit einigen Jahren die in diesem Buch vertretenen Theorien in der periodischen Presse und Tagesliteratur sowohl Englands wie Amerikas ständig erwähnt, angegriffen und verteidigt, erklärt und mißdeutet wurden.

„Die Arbeit ist das Mass des Werts“