Unter Blitz und Donner

Luxemburgs Manuskript „Zur russischen Revolution“ aus dem Jahre 1918 sollte, wie bekannt, zum Anstoß für kontroverse Diskussionen über den Charakter der Oktoberrevolution werden. Wesentliche Gedanken aus diesem Text gehen aber schon auf ihre Analysen zur Russischen Revolution 1905-1907 und zu den Prozessen in Russland 1917 zurück, wie sich in ihren Beiträgen in den Spartakusbriefen zeigt.

Im Jahr 2015 erschien der hier vorgestellte Text als Vorwort zum von H. Politt herausgegebenen Band „Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06. Polnische Texte“ im Karl Dietz Verlag. Berlin. Die hier vorgestellten und meist erstmals in deutscher Sprache publizierten Beiträge Luxemburgs zeigen, dass ihre Kritik der Oktoberrevolution in grundsätzlichen theoretischen und politischen Positionen wurzelte. Politt verweist darauf, wenn er hinsichtlich der Unterstützung bolschewistischer Positionen 1906 schreibt:

„Doch es ist zugleich und ungewollt ein ketzerischer Text, denn den politischen Wechsel, den die Autorin darin Lenin und der Bolschewiki beiläufig ausstellte, können und wollen diese wegen ihres überzogenen Machtdenkens gar nicht nutzen: »Die Verwirklichung des Sozialismus durch eine Minderheit ist jedoch unbedingt ausgeschlossen, da bereits die Idee des Sozialismus die Herrschaft einer Minderheit ausschließt.« Es ist die Gretchenfrage, wie eine revolutionäre Bewegung, die die auf kapitalistischer Produktionsweise beruhende Gesellschaftsordnung aus der Welt schaffen will, mit Demokratie und demokratischen Formen umgehen will, die in der bürgerlichen Gesellschaft, die unzweifelhaft in fast allen Teilen auf dieser Produktionsweise beruht, durch Klassenkämpfe, in denen Arbeiter ihre Haut blutig zu Markte trugen, herausgekämpft, herausgeschlagen worden waren. Lenins klare, abweisende, allein negierende Auffassung ist bekannt, er dachte auch vor 1917, zumindest seit 1903 nie anders, wenn ja, dann geschah es allein kurzfristiger taktischer Erwägungen zuliebe. Rosa Luxemburgs entschiedene Haltung für die Bewahrung dieses kostbaren Erbes, das durch das revolutionäre Proletariat wie ein Augapfel zu hüten sei, ist ebenso bekannt. Eine Bestätigung dafür findet sich in nahezu jedem der Texte, die sie für ihre Bewegung zu Hause in Polen in den Revolutionstagen schrieb.“

aus: Holger Politt (Hrsg.): „Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06. Polnische Texte“ Karl Dietz Verlag Berlin 2015

weiter in der pdf-Datei